Der Luft-raus-Gefahr zum Trotz: Warum Bayern Münchens Reaktion auf das bittere Champions-League-Aus besonders beeindruckend ist

Dass man als 1. FC Heidenheim in einem Spiel gegen den FC Bayern München immer darauf hoffen muss, dass der FCB vielleicht den einen oder anderen Schritt weniger macht als gewöhnlich, ist klar. Zu eklatant sind die Unterschiede in den Kräfteverhältnissen zwischen dem tapferen Underdog von der Ostalb und dem Weltverein aus München.

An diesem Samstagnachmittag war Heidenheims Hoffnung allerdings definitiv vergeblich. Den Gefallen, hier und da ein paar Nachlässigkeiten einzustreuen, tat der Rekordmeister den Gastgebern beim haushoch verdienten 4:0-Auswärtssieg zu keiner Sekunde.

Nach dem geplatzten CL-Traum: Bayern in Heidenheim hochkonzentriert

Nach dem geplatzten CL-Traum: Bayern in Heidenheim hochkonzentriert

„Wenn die Einstellung bei Bayern so perfekt sitzt, ist es ein Stück weit eben normal, dass sie das Ding so klar dominieren“, konstatierte Heidenheims Trainer Frank Schmidt am Sky-Mikrofon anerkennend und lobte damit die tadellose Herangehensweise der Münchener an die potenziell lästige Pflichtaufgabe beim Abstiegskandidaten.

Dass der FCB sich derart konzentriert und fokussiert präsentierte, ist umso höher zu bewerten, da eine riesige Enttäuschung bekanntlich nicht einmal drei Tage zurück lag. Beim so bitteren und unglücklichen Ausscheiden im Viertelfinale der Champions League bei Inter Mailand platzte am Mittwochabend der ganz große Traum dieser Bayern-Saison. Der Traum vom Finale dahoam, das Ende Mai in München stattfindet. Der Traum davon, im eigenen Wohnzimmer den Henkelpott in die Höhe zu stemmen.

Die Gefahr, vom mit einem jähen Rückschlag geendeten Highlightspiel in San Siro nicht unfallfrei in den schnöden Liga-Alltag zurückzukehren – noch dazu in Heidenheim, wo man als FC Bayern eigentlich nur verlieren kann -, war durchaus vorhanden. Die Gefahr, dass nach dem geplatzten Traum vom CL-Titel nun die Luft etwas raus und die Aussicht auf den ja schon so häufig gewonnenen Meistertitel nicht mehr ausreichend prickelnd ist, um direkt wieder auf Betriebstemperatur zu sein.

Bayerns Reaktion ist „nicht zu unterschätzen“

Dieser Gefahr hat Vincent Kompanys Mannschaft eindrucksvoll getrotzt. Das befand auch Kapitän Joshua Kimmich, der nach dem Aus in Mailand betonte hatte, dass es nach einer Enttäuschung leichter falle, eine Reaktion zu zeigen, als es nach einem triumphalen Weiterkommen gewesen wäre. Dennoch strich Kimmich bei Sky heraus, dass dieser Kantersieg „nicht zu unterschätzen“ sei, „gerade in der Art und Weise“. Bayern sei „mit einer großen Enttäuschung im Gepäck hierhergekommen. Wie wir dann heute das Spiel angegangen sind, war beeindruckend.“

Der FCB war von Beginn an komplett dominant, hatte auch Heidenheims zugegebenermaßen meist nicht wirklich entschlossene Gegenangriffe fast immer im Griff. Dass die Hausherren ihnen mit Aggressivität den Schneid abkaufen könnten, ließen die Bayern nicht einmal im Ansatz zu. Einer der Garanten dafür war Konrad Laimer, der für zahlreiche Ballgewinne verantwortlich war und damit entscheidend dazu beitrug, dass der FCH kaum zum Atmen kam. „Das zeichnet uns aus, dass wir so eine Reaktion zeigen. Heidenheim hat es die letzten Spiele gut gemacht – dass wir das so souverän runterspielen und 4:0 gewinnen, ist sehr gut“, lobte der Österreicher, der nach gutem Laufweg eiskalt zum zwischenzeitlichen 2:0 getroffen hatte, seine Teamkollegen.

Bayern weiß aus eigener Erfahrung, wie schwer es sein kann, in Heidenheim zu bestehen. Schließlich verlor der FCB vor gut einem Jahr mit 2:3 beim FCH, zudem hatte die Schmidt-Elf im März ein Zwischenhoch mit Siegen gegen Kiel und in Wolfsburg und machte im vorherigen Heimspiel Bayer Leverkusen das Leben extrem schwer. Erst in der Nachspielzeit war der Werkself der 1:0-Siegtreffer gelungen.

Ein weiteres Indiz für Kompanys gutes Gespür

Ein weiteres Indiz für Kompanys gutes Gespür

„Das war ein ganz, ganz wichtiger Schritt. Gerade in Heidenheim, wo sich die Mannschaften in den letzten Wochen schwergetan haben. Das ist nicht einfach“, betonte auch Kimmich und unterstrich noch einmal: „Wir unterschätzen diesen Sieg nicht, auch wenn es von außen vielleicht einfach aussieht. Das war heute ein hartes Stück Arbeit und ein sehr wichtiger Sieg.“

Bayerns erstklassige Reaktion auf die CL-Enttäuschung ist auch ein weiteres Indiz für das gute Gespür, das Trainer Vincent Kompany für seine Mannschaft hat. Er weiß genau, welches Gefühl er den Spielern nun geben muss, hat offensichtlich das Talent und die nötige Erfahrung, den richtigen Ton zu treffen. Kompanys Ansprache unmittelbar nach dem Aus in Mailand soll die Bayern-Stars begeistert haben, berichtete jüngst die Bild. Der Belgier richtete demnach direkt den Blick nach vorne – auch schon auf die kommende Champions-League-Saison, in der man erneut die Chance auf das ganz große Ding hat.

„Wir wussten, wie schwer es hier wird. Wir haben eine komplette Leistung gezeigt, ein großes Kompliment an die Jungs. Ich bin sehr froh, es war ein gutes Ende dieser Woche für uns“, lobte Kompany nach Abpfiff.

Das ganz große Ding für die restlichen Wochen dieser Saison ist für ihn und sein Team nun erst einmal die Zurückeroberung des Meistertitels. „Das war ein sehr, sehr wichtiger Schritt. Es sind jetzt neun Punkte Vorsprung, Leverkusen muss morgen (beim FC St. Pauli, d. Red.) nachlegen“, sagte Kimmich und gab eine klare Marschrichtung vor: „Wir brauchen noch zwei Siege, die wollen wir holen und es nicht mehr spannend machen.“ Wenn die Einstellung so stimmt wie in Heidenheim, wird den Bayern das ganz sicher gelingen.