„Hinten Free Safety und vorne Attacke“: Westbrooks Playoff-Heldentaten entscheiden NBA-Krimi in Denver – Lakers kassieren derbe Abreibung zum Auftakt

Westbrook und die Nuggets behaupten sich in einem epischen Duell gegen die Clippers, die ihren Coach zur Verzweiflung treiben. Luka Doncic legt derweil in seinem ersten Playoff-Match für die Lakers eine Monster-Performance hin und bekommt dennoch von Minnesota den Hintern versohlt.

Für die Bucks geht es in Indiana ähnlich aus. Giannis Antetokounmpo dreht richtig auf – trotzdem ist Milwaukee chancenlos. Außerdem liefern die jungen Pistons mit einem starken Dennis Schröder einen tollen Kampf im MSG ab. Doch ein katastrophaler Einbruch im Schlussviertel verhindert die Sensation. Das Roundup zur ersten Playoff-Nacht in der NBA.

NBA: Die Ergebnisse der Nacht im Überblick

Heim

Auswärts

Ergebnis

Indiana Pacers

Milwaukee Bucks

117:98

Denver Nuggets

Los Angeles Clippers

112:110 OT

New York Knicks

Detroit Pistons

123:112

Los Angeles Lakers

Minnesota Timberwolves

95:117

Denver Nuggets (W4) – Los Angeles Clippers (W5) 112:110 OT, Serie 1-0

Denver Nuggets (W4) - Los Angeles Clippers (W5) 112:110 OT, Serie 1-0

Boxscore

Das Duell der formstarken Clippers bei den Meisterschafts-erfahrenen Nuggets hätte kaum spannender laufen können. Beide schenkten sich nichts, erst die Verlängerung entschied Spiel 1 knapp zugunsten der Gastgeber. Im entscheidenden Moment zur Stelle war dabei Russell Westbrook, der sich die gesamte Partie über zwischen Genie und Wahnsinn bewegte. Einem eiskalten Dreier kurz vor Ende der regulären Spielzeit ließ das „Westbeast“ in der OT einen völlig über-motivierten Drive zum Korb folgen, der in einem Ballverlust endete, um dann in den Schlusssekunden mit einem Steal doch noch den Deckel auf den Sieg gegen sein Ex-Team zu setzen.

„Ich kannte den Spielzug noch aus meiner Zeit in LA“, sagte Westbrook (15 Punkte, 5/17 FG) anschließend lapidar. Dass er das ganze Match über unterirdisch getroffen hatte, juckte ihn nicht: „Es ist mir völlig egal. Das einzige, was in den Playoffs zählt, sind Plays, die zum Sieg führen.“ Nikola Jokic, der mit 29 Punkten, 12 Assists und 9 Rebounds mal wieder haarscharf ein Triple-Double verpasste, fügte bezogen auf Westbrook ebenso überzeugt wie offensichtlich hinzu: „So ist er eben.“

Und auch Interims-Coach Rick Adelman, der im vierten Spiel den vierten Sieg einfuhr, schien von seinem Backup-Point Guard nichts anderes erwartet zu haben: „Russ ist Russ. Er ist hinten unglaublich, hat heute Fee Safety gespielt. Und offensiv attackiert er eben. Er wird das nach 17 Jahren nicht mehr ändern.“ Weitere starke Leistungen zeigten Aaron Gordon (25 Punkte), der mit fünf Offensiv-Rebounds maßgeblich zum Erfolg beitrug, und Jamal Murray (21 Punkte, 9 Rebounds, 7 Assists).

Die Clippers kontrollierten früh das Spiel über Ballsicherheit und das Pick’n’Roll von James Harden, der die Clippers mit 32 Punkten und 11 Assists anführte, und Ivica Zubac (21 Punkte, 13 Rebounds). „The Beard“ brachte LA außerdem 18 Sekunden vor Schluss mit einem eiskalten Floater in die Overtime. Aber Denver stellte sich immer besser auf das Duo ein und erzwang Turnover, die es für schnelle Punkte und damit Entlastung für Jokic und Murray nutzte. Dabei hatte Coach Ty Lue davor explizit gewarnt und war entsprechend sauer: „Wenn du den Ball gegen das Team mit der besten Transition Offense 20-mal hergibst, verlierst du eben.“

Auf der anderen Seite bekam LA in der Defense oft eine Hand an den Ball, griff jedoch zu selten richtig zu und verpasste so einige eigene Schnellangriffe, mit denen die Clippers das Momentum auf ihre Seite ziehen hätten können. Kawhi Leonard wollte die Flinte deshalb auch nicht ins Korn werfen und hakte das Spiel schnell ab. „Die Stimmung ist immer noch sehr gut“, sagte Leonard, der seine gute Form mit 22 Punkten und 3 Steals erneut unter Beweis stellte: „Denver ist ein gutes Team, besonders zuhause. Es war nur das erste Spiel.“

Indiana Pacers (E4) – Milwaukee Bucks (E5) 117:98, Serie 1-0

Indiana Pacers (E4) - Milwaukee Bucks (E5) 117:98, Serie 1-0

Boxscore

Indiana hatte sich mit starken Spielen zum Saisonende Platz vier im Osten erkämpft und zeigte in Game 1 gegen die Bucks, dass sie verdient dort stehen. Die Pacers schossen von Anfang an die Lichter aus – und zwar nahezu von überall und durch die gesamte Rotation. Pascal Siakam führte Indiana mit 25 Zählern an und holte 7 Boards. Daneben überzeugten Myles Turner (19 Punkte, 4 Blocks, 4/6 3FG) und Andrew Nembhard (17 Punkte, 8/13 FG). Tyrese Haliburton gab mit 3/13 FG und 0/7 Dreiern die Ausnahme, hatte mit 10 Punkten, 7 Boards und 12 Assists aber dennoch einen großen Einfluss auf das Spiel.

Dabei machten die Pacers nichts Wildes, sondern spielten einfach soliden Basketball und nahmen darüber die Menge mit. „Nicht viel nachdenken, einfach spielen“, begründete auch Siakam den Erfolg in der simplen Spielweise. Die konnte Indiana freilich nur aufziehen, weil Milwaukee hinten nicht mit der notwendigen Intensität agierte. „Wir waren oft zu spät und kamen dann ins Schwimmen. Das müssen wir unbedingt ändern“, bemängelte Giannis Antetokounmpo, dem nach einer Gala von 36 Punkten und 12 Rebounds nicht viel vorzuwerfen war.

Offensiv sahen die Bucks ohne Damian Lillard zu behäbig und nicht kreativ genug aus, dazu fiel der Dreier (9/37) nicht annähernd so gut wie noch in der Regular Season, wo sie mit fast 39 Prozent das beste Team der Liga waren. Antetokounmpo war der einzige Starter mit zweistelligen Punkten. So waren es AJ Green (15 Punkte), Gary Trent Jr. (14 Punkte) und Kevin Porter Jr. (12 Punkte), die von der Bank die Scoring-Fahne hochhielten. Bobby Portis sah nach seiner 25 Spiele langen Sperre ebenfalls noch etwas rostig aus und holte nur 4 Pünktchen mit 8 Rebounds.

Im letzten Viertel deutete Giannis an, was trotz der Limitierungen möglich ist, wenn die Bucks den Rückstand nicht von Beginn an zu groß werden lassen. Der „Greek Freak“ schaltete vor allem defensiv einen Gang höher und blieb vorne eigentlich unaufhaltbar, so dass die Stimmung im Gainbridge Fieldhouse Mitte des vierten Viertels noch einmal kurzzeitig in den Keller ging. Doch Turners Dreier mit knapp zwei Minuten auf der Uhr nahm den Bucks endgültig den Wind aus den Segeln und sicherte Indiana den verdienten Sieg.

Die beste Nachricht für Milwaukee gab es kurz vor Anpfiff, als bekannt wurde, dass Lillard nach der überstandenen Gefahr durch das Blutgerinnsel in der Wade möglicherweise schon in Spiel zwei wieder auf dem Court stehen könnte. Spätestens wenn die Serie nach Wisconsin geht, wird er wohl wieder dabei sein. Nicht nur deswegen warnte Pacers-Coach Rick Carlisle auch vor zu viel Euphorie: „Die Serie ist erst zu einem Siebtel gelaufen – und Spiel 2 wird deutlich schwieriger als dieses.“

Los Angeles Lakers (W3) – Minnesota Timberwolves (W6) 95:117, Serie 0-1

Los Angeles Lakers (W3) - Minnesota Timberwolves (W6) 95:117, Serie 0-1

Boxscore

LeBron James traf den Nagel auf den Kopf: „Wir sollten nach dieser Pleite mehr als vorbereitet sein“, sagte der Superstar, nachdem seine Lakers von den Timberwolves eine 48 Minuten dauernde Lehrstunde in Sachen Intensität und physischem Spiel erhalten hatten. „Das ist ihr Spiel. Und vielleicht haben wir das heute gebraucht, um uns wirklich darauf einstellen zu können“, fügte James hinzu.

Minnesota kaufte den Gastgebern spätestens ab dem zweiten Viertel so richtig den Schneid ab und baute seinen Vorsprung kontinuierlich aus. Einzig zu Beginn des vierten Viertels wurde es noch einmal halbwegs spannend, als der überragende Anthony Edwards an der Wade behandelt wurde und die Lakers in dieser Zeit einen Mini-Lauf starteten. Doch kaum stand Edwards wieder auf dem Court, war die Messe gelesen.

Dabei dominierte der „Ant-Man“ so viel mehr, als man auf dem Statsheet ablesen kann, wenngleich sich die 22 Punkte, 8 Rebounds und 9 Assists bereits recht gut lesen. Edwards war quasi überall zu finden und attackierte Mismatches, fand aus dem Double-Team den richtigen Cutter oder den offenen Mann an der Dreierline und legte den Lakers – wie das gesamte Wolfsrudel – in der Defense die Daumenschrauben an. „Wir waren einfach bereit für das Spiel“, sagte Edwards und begründete dies auch mit einer „Underdog-Mentalität“, nachdem die Lakers in allen Umfragen als Sieger der Serie getippt wurden.

Bester Scorer der Wolves war Jaden McDaniels, der 25 Punkte auflegte und damit der Ansage von Edwards, er solle „sich jeden Abend vornehmen, MVP zu werden“, Taten folgen ließ. Naz Reid warf von der Bank 23 Zähler und 2 Blocks ein und trug mit 6 von 9 versenkten Dreiern dazu bei, dass Minnesota die Hälfte der 42 Versuche von Downtown durch den Ring brachte.

Bei so viel Dominanz ging fast unter, dass Luka Doncic in seinem ersten Playoff-Match als Laker eine überragende Leistung hinlegte. Der Slowene, der die Wolves in der vergangenen Saison mit den Mavs in den Conference Finals dramatisch bezwungen hatte, erzielte 37 Punkte (5/10 3FG) und führte LA außerdem mit 8 Boards an. Dabei brachte der mit 16 Zählern im ersten Viertel die Menge so richtig zum Kochen. Doch abgesehen von James (19 Punkte, 2 Steals, 3 Blocks) und Austin Reaves (16 Punkte), kam kein Laker auf einen zweistelligen Score – das war schlicht zu wenig.

New York Knicks (E3) – Detroit Pistons (E6) 123:112, Serie 1-0

New York Knicks (E3) - Detroit Pistons (E6) 123:112, Serie 1-0

Boxscore

Detroit gab im MSG alles, musste sich nach einem monumentalen Einbruch im vierten Viertel jedoch geschlagen geben. Es dürfte eine wertvolle Erfahrung für die jungen Pistons gewesen sein. Bester Mann auf dem Court war trotz äußerst schleppendem Start Jalen Brunson mit 34 Punkten und 8 Assists. OG Anunoby und Karl-Anthony Towns legten je 23 Punkte auf. Towns legte daneben 11 Rebounds, 4 Steals und 2 Blocks auf, Anunoby gelangen bei ebenfalls 2 Blocks sogar 5 Ballgewinne.

Tobias Harris führte die Pistons mit 25 Zählern und 6 Boards an. Cade Cunningham kam in seinem ersten Playoff-Spiel auf 21 Punkte und 12 Vorlagen, Malik Beasley steuerte 20 Zähler (6/12 3FG) bei. Dennis Schröder hatte neben 8 Punkten, 3 Assists, 2 Steals und einem Block enorm viel Einfluss auf das Spiel, der nicht auf dem Statsheet erscheint.

Die Knicks kamen mit wahnsinnig intensiver Defense aus den Startlöchern. Selbst der nicht gerade als Defensiv-Monster bekannte Towns schaltete sich mit spektakulären Blocks und einigen Hustle-Plays ein. Bridges und Anunoby fanden früh ihren Touch und sorgten für die Punkte. Anunoby glänzte unter anderem mit einem Buzzer-Beater zum Ende des ersten Viertels, wo er seinen Größenvorteil über Schröder nutzte. Auf der anderen Seite schlüpften Harris und Beasley in die Scorer-Rollen, Harris hatte zur Pause bereits 22 Zähler auf dem Konto.

Foul-Calls zwangen beide Teams jedoch zu Umstellungen und verbannten unter anderem Ausar Thompson auf die Bank, der mit seiner physischen Defense einen großen Einfluss auf das zunächst schwache Spiel von Brunson hatte. Das sollte sich spätestens im Schlussabschnitt ändern. Brunson wechselte die Sneaker – und zog sich daneben nach Aussage von Coach Tom Thibodeau auch „das Cape“ eines Superhelden über. Nachdem die Pistons sich dank ihrer knallharten Verteidigung und Schröders Coolness im dritten Viertel leicht abgesetzt hatten, stürmte New York im Schlussabschnitt mit einem 21:0-Lauf zurück. Neben Brunson gefiel dabei Cam Payne als Antreiber. Der Backup-Guard hatte die Aufholjagd mit einem erzwungenen Turnover der Pistons gestartet und dann 11 seiner insgesamt 14 Punkte nachgelegt. „Ich habe das ganze Jahr auf so eine Gelegenheit und darauf, so wie heute zu spielen, gewartet“, sagte Payne.

Dass die Pistons nach dieser Phase der kompletten Hilflosigkeit noch einmal bis auf sechs Zähler rankamen (112:118), spricht für die Resilienz, die Coach J.B. Bickerstaff seinem Team bereits einimpfen konnte. Veteran Harris gab daher auch die richtige Parole für Spiel zwei aus. „Klar ist es Mist, zu verlieren“, sagte Harris: „Aber es geht nur darum, wie du zurückkommst.“