„Wirkt jetzt nicht wie ein One-Hit-Wonder“: Wenigstens ein Neuzugang des FC Bayern ist voll eingeschlagen

Zugegeben, die überdimensionalen Humpen vom Biersponsor konnten am Samstag eigentlich schon zeitig wieder eingepackt werden. Der 31. Spieltag der Bundesliga verlief schon recht früh gegen eine Meisterfeier des deutschen Rekordmeisters auf dem Rasen der Allianz Arena nach dem Spiel gegen den 1. FSV Mainz 05.

Zwar spielten die Bayern beim 3:0 wie aus einem Guss, ließen so gut wie nichts anbrennen und zeigten gegen die einstigen Champions-League-Anwärter aus Mainz eine der souveränsten Leistungen der Saison. Doch da Bayer Leverkusen dann doch nicht so durch ist wie es vor wenigen Tagen noch schien und die noch amtierenden Meister ebenfalls dominant den FC Augsburg schlugen, wurde die Titelentscheidung um eine Woche vertagt. Ein Punkt der Bayern kommenden Samstag bei RB Leipzig und Leverkusen kann am Sonntag machen, was es will.

Was also tun mit dem doch noch nicht für klebrige Duschen verwendeten Bier? „Das Bier? Ich weiß es nicht, da bin ich nicht zuständig. Ich denke, der Laster oder die Pferdekutsche wahrscheinlich, die fährt jetzt los, damit sie pünktlich am nächsten Wochenende in Leipzig ist“, sagte Thomas Müller, mit dem dieser Text also wieder mal beginnen soll.

Der durfte gegen Mainz zwar nur ein paar Minuten spielen, aber immerhin fiel unmittelbar nach seiner Einwechslung das 3:0. Und immerhin absolvierte er sein 500. Bundesligaspiel, was ja vor ihm nicht allzu viele Spieler geschafft haben, schon gar nicht mit nur einem Verein. Und so viele Möglichkeiten gibt es ja nicht mehr, Texte mit Thomas Müller beginnen zu lassen.

Der Meilensteinanerkennungsverweigerer Müller wird fehlen

Der Meilensteinanerkennungsverweigerer Müller wird fehlen

Also, Thomas Müller, ist die Meisterschaft durch? „Ja!“. Den nötigen Punkt traue er der Mannschaft schon zu.

Und was ist mit den 500 Spielen? Fühlt der notorische Meilensteinanerkennungsverweigerer Müller auf seine letzten Meter als Bayernprofi diese Bestmarke? „Ich verstehe das Konzept.“ Na, immerhin. Aber eben aus der Außensicht. Für ihn, der all diese 500 Spiele selbst erlebt habe, seien diese Rekordmarken seit jeher „vollkommen wurst“. Aber die Zuneigung der Zuschauer, ja die fühlt er: „Der Mensch mag es, wenn er sich gegenseitig bestätigt, ohne Fragen stellen zu müssen; und insofern haben sich alle auch darauf verständigt, dass Thomas Müller zu feiern, vollkommen okay ist – und ich finde es auch gut.“

Man kann es nicht oft genug schreiben: Thomas Müller wird dem FC Bayern München fehlen, in jeder Beziehung.

So erfolgreich wie Michael Olise war noch niemand

So erfolgreich wie Michael Olise war noch niemand

Müller hat es in seinen bisher 500 Bundesligaspielen übrigens auf schier unglaubliche 211 Torvorlagen gebracht, von 2019 bis 2022 gelangen ihm in gleich drei Spielzeiten hintereinander jeweils 21 Assists, zu der Zeit war er der erfolgreichste Assistgeber der Top-5-Ligen. Aktuell erfolgreichster Vorlagengeber der Bundesliga in dieser Saison ist Michael Olise, der es laut Opta und den offiziellen Bundesligadaten nach seinem Eckball, der zu Eric Diers 3:0 gegen Mainz führte, nun auf zwölf Assists bringt. Das klingt zwar im Vergleich mit Müllers, nun ja, Meilensteinen, leicht mickrig.

Doch zwölf Assists sind zwölf Assists, und: Kein einziger Bayern-Debütant schaffte in seiner ersten Saison seit Beginn der Datenerfassung in der Saison 2004/2005 mehr Vorlagen als der englische Franzose. Damit ist Olise also erfolgreicher als Franck Ribéry, Arjen Robben und auch erfolgreicher als Thomas Müller in deren Debütspielzeiten für den FCB.

Nicht nur wegen seiner Vorlagen ist Olise (SPOX-Note 2) ohne Zweifel der erfolgreichste FCB-Neuzugang dieser Spielzeit. Die Bayern mussten in den vergangenen Jahren einige Transferflops verbuchen, doch die 53 Millionen Euro Ablöse an Crystal Palace für den 23-Jährigen sind gut investiert. Olise, den Bayerns Sportdirektor Christoph Freund über sein Scouting-Netzwerk seit Jahren auf dem Zettel hatte, hat den Sprung vom Londoner Mittelklasseklub zum deutschen Rekordmeister, auch und vor allem mental eine Herausforderung, allem Anschein nach recht mühelos vollzogen.

„Natürlich wirst du nicht an einer Saison gemessen, sondern wie gut und wie oft du es wiederholen kannst“, meinte Müller zwar, auf Olise angesprochen, ergänzte aber sofort: Wenn er Olises Passion für das Spiel und seine Passion fürs Verbessern betrachte, „können sich die Bayern-Fans auf die Zukunft freuen.“ Olise wirke „jetzt nicht wie ein One-Hit-Wonder“.

Harry Kane kann auch sauer sein

Harry Kane kann auch sauer sein

Mit 174 Einsätzen in der Bundesliga seit 2012 und diversen internationalen Einsätzen (auf dem Platz und vor allem als VAR) geht Bastian Dankert als erfahrener Schiedsrichter durch. Am Samstag wurde Dankert, was Schiedsrichter nie sein wollen: Zum zwar nicht spielentscheidenden, aber dennoch viel diskutierten Hauptdarsteller einer Partie. Zunächst hielt es Dankert für gerechtfertigt, Harry Kane in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit Gelb zu zeigen und Kane somit einen Einsatz in Leipzig und damit sein aktives Mitwirken beim Matchball zu seinem ersten Titel zu verwehren. Dankert hatte einen Zweikampf Kanes mit dem Mainzer Stürmer Jonathan Burkardt als Foul gewertet. Eine „Quatsch“-Entscheidung, wie nicht nur Thomas Müller urteilte. Weil Kane die Entscheidung ebenfalls nicht nachvollziehen konnte und er zudem noch kurz den Ball festhielt, zückte der Schiedsrichter Gelb.

Das sei niemals Gelb gewesen, aber „leider kommen manchmal Leute in die Allianz-Arena und versuchen, sich einen Namen zu machen“, ätzte Kane. Für den sonst so souveränen und professionellen Stürmer ein ungewöhnlicher Ausbruch, der aber nicht nur zeigte, wie gerne er seinen ersten Titel auf dem Platz erreichen würde. Denn Kane wurde auch noch Grundsätzlich und regte an, wie in der Premier League die gesammelten Gelben Karten nach einem bestimmten Stichtag (etwa nach der Hinrunde oder wie in England zum neuen Jahr) zu streichen. Die aktuell in Deutschland angewandte Regel sei „Wahnsinn“.

Später zog sich Dankert noch den Unmut weiterer Spieler und der Fans zu. In der 71. Minute hatte er dem Mainzer Verteidiger Danny da Costa nach einem Foul an Sané in unmittelbarer Nähe des Strafraums Gelb gezeigt. Der VAR schickte Dankert allerdings wegen des Verdachts einer Notbremse zum Videostudium.

Dankert also lief hinaus, sah sich die Szene an, erkannte, dass da Costas Fouls schon recht heftig gewesen war, dass Sané aber beim Anspiel und damit noch vor da Costas Vergehen im Abseits gestanden hatte (und da Costas Foul also faktisch nicht stattgefunden hatte, zumindest nicht, während das Spiel lief), und entschied den Regeln entsprechend auf indirekten Freistoß für Mainz. Das gefiel denen, die es mit dem FCB hielten, natürlich überhaupt nicht. Dass Dankert seine Entscheidung, wie es in der Bundesliga seit einigen Monaten getan wird, wie in der NFL über die Stadion-Lautsprecher sogar ziemlich ausführlich (eigentlich Rot für da Costa, aber Sané eben im Abseits, daher indirekter Freistoß Mainz) erklärte, half auch nicht dabei, die Entrüstung von Zuschauern und Spielern zu dämpfen. Und Dankert war spätestens hier zu einem Hauptdarsteller dieser Partie wider Willen geworden.