Bei der Pleite gegen Portugal enttäuschten gleich mehrere DFB-Profis. Bei einigen ist es nicht das erste Mal. Ihre Zeit in der Nationalmannschaft könnte bald vorbei sein. Die Titelchance in der Nations League ist für die deutsche Nationalmannschaft nach der Niederlage gegen Portugal (1:2) dahin. Doch das Aus im Halbfinale des Wettbewerbs dürfte Bundestrainer Julian Nagelsmann nicht nur deshalb schmerzen. Der fehlerbehaftete Auftritt seiner Mannschaft gegen die Elf um Superstar Cristiano Ronaldo hätte schlichtweg keinen Sieg verdient. Nagelsmann selbst gab das im Anschluss sogar unumwunden zu. Am Sonntag hat die DFB-Elf nun aber direkt die Chance auf ein kleines bisschen Versöhnung. In Stuttgart steht das Spiel um Platz drei gegen Frankreich auf dem Programm (ab 15 Uhr im Liveticker bei t-online). Doch der im öffentlichen Verständnis verhältnismäßig belanglosen Partie kommt in Wahrheit gleich in doppelter Hinsicht eine hohe Bedeutung zu. Zum einen muss Deutschland gewinnen, um sich noch eine mehr oder minder gute Chance auf Lostopf eins für die WM im kommenden Jahr zu wahren. Aufgrund der aktuellen Weltranglistenplatzierung würde die DFB-Auswahl nach aktuellem Stand nämlich in Lostopf zwei landen und damit in der Vorrunde des Turniers womöglich auf Top-Teams wie Argentinien, England, Spanien oder Brasilien treffen. Dank des Sieges der Norweger gegen Italien am Freitagabend stehen die deutschen Chancen nun etwas besser ( mehr dazu lesen Sie hier ). Doch auch für einzelne Spieler im Kader dürfte die Partie zu einer für sie persönlich überaus wichtigen Angelegenheit werden. Denn nach zuletzt wackligen Leistungen in der Nationalmannschaft könnte das Duell mit den Franzosen für den ein oder anderen die letzte Chance unter Julian Nagelsmann sein. Gnabrys uninspirierte Reaktion auf den Denkzettel Am Freitag machte der Bundestrainer bereits deutlich, dass seine Stars die bevorstehende Partie nicht als lockeren Freizeitkick betrachten sollten. „Wenn irgendeiner bei uns nicht versteht, dass wir das Spiel nutzen müssen für uns selbst …“, sagte Nagelsmann fast schon drohend auf der Pressekonferenz in Herzogenaurach, ohne den Satz aber zu vollenden. Dass er damit aber direkt seine Spieler adressierte, schien klar. Ebenso, dass denjenigen Konsequenzen drohen, die es gegen Frankreich, erneut nicht ihr volles Leistungsspektrum abzurufen Einige Spieler dürften bei Nagelsmanns Worten genau hingehört haben. Einer von ihnen: Serge Gnabry . Im März war der Bayern-Star aus Leistungsgründen nicht für die Viertelfinal-Partien gegen Italien nominiert worden. Ein klarer Denkzettel vom DFB-Coach für den Flügelspieler, der sich dann aber zum Saisonende wieder besser in Form präsentierte. Doch den zuletzt verbesserten Eindruck machte Gnabry gegen Portugal in Windeseile wieder zunichte. Nach seiner positionsgetreuen Einwechslung für Bayern-Kollegen Leroy Sané wurde das Spiel der DFB-Elf nicht besser, sondern fahriger. Gnabry hatte in einer halben Stunde Spielzeit überhaupt keinen Zugriff auf die Partie, spielte vor dem 1:2 einen Fehlpass und fremdelte in einer Mannschaft, die dringend Energie für eine Schlussoffensive gebraucht hätte. Die konnte der 29-Jährige nicht im Ansatz liefern. Ein weiterer derart uninspirierter Auftritt könnte Gnabry für die nächsten DFB-Lehrgänge aus dem DFB-Team katapultieren – und damit möglicherweise auch für immer. Vergebliche Suche nach Konstanz bei Gosens Ähnlich sieht die Lage bei Robin Gosens aus. Der linke Schienenspieler ist seit 2020 Teilzeitarbeiter bei der Nationalmannschaft. Heißt: Gosens gehört bei weitem nicht zum Stammpersonal des DFB-Teams, rutscht aber des Öfteren in den Kader. Für die letzten beiden Turniere, die WM 2022 und die EM 2024, wurde er jedoch nicht nominiert. Auch, weil man insbesondere auf DFB-Ebene bei dem 30-Jährigen die Konstanz vergeblich sucht. Fakt ist zudem: Der 1:1-Ausgleichstreffer am Dienstagabend in München durch Portugals Francisco Conceição ging vor allem auf Gosens Kappe. Der Profi der AC Florenz ließ sich auf der Außenbahn vom Angreifer viel zu leicht austanzen, kam in der Folge im Tempo nicht mehr hinter seinem Gegenspieler her, der dann traumhaft ins deutsche Tor vollendete. Auch in der Nachspielzeit düpierte Conceição Gosens im Eins-gegen-Eins, machte damit erneut auf die Defizite des Ex-Unioners im Zweikampfverhalten aufmerksam. So gehen Nagelsmann eigentlich die Argumente aus, Gosens weitere Chancen in der Nationalmannschaft zu gewähren. Dabei gilt dieser grundsätzlich eigentlich als robuster, schneller und technisch versierter Spieler. Gegen Frankreich müsste Gosens, sollte er wider Erwarten doch eine Einsatzmöglichkeit erhalten, aber endlich zeigen, dass er diese Qualitäten auch im DFB-Team abrufen kann. Sonst dürfte sich auch seine Zeit in der deutschen Auswahl dem Ende entgegen neigen. Füllkrugs Nominierung hebelt das Leistungsprinzip aus Wirkungslos nach seiner Hereinnahme gegen Portugal blieb derweil auch Niclas Füllkrug . Der Stürmer von West Ham United hing über 30 Minuten völlig in der Luft. Nach einer schwierigen ersten Saison in England mag man Füllkrug eigentlich keinen Vorwurf für diesen Auftritt machen. Doch ob der bereits 32-Jährige nach einer verletzungsgeplagten Spielzeit noch einmal wieder zurück in die Spur findet und das Niveau vergangener Tage erreicht, scheint aktuell schwer vorstellbar. Mit der Nominierung von Füllkrug für das Final Four hatte Nagelsmann im Grunde auch eine der bisher größten Stärken seiner eigenen Amtszeit ausgehebelt: das Leistungsprinzip. Die beiden Ex-Bundestrainer Joachim Löw und Hansi Flick waren während ihres DFB-Engagements bereits dafür kritisiert worden, zu oft altbekannte Spieler in den Kader zu berufen, die auf Vereinsebene aber teilweise über Monate nicht zu überzeugen wussten. Nagelsmann war in dieser Hinsicht neue Wege gegangen, hatte sich auch nicht davor gescheut, Spieler des FC Bayern oder von Borussia Dortmund außen vorzulassen, wenn die Leistung nicht stimmte. Niclas Füllkrug kam vergangene Saison verletzungsbedingt nur zu 18 Ligaeinsätzen. Lediglich drei Treffer erzielte er dabei – eine magere Ausbeute für einen Stürmer, der noch 2023 Torschützenkönig in Deutschland geworden war. Rein sportlich gab es dementsprechend kaum Argumente für eine DFB-Nominierung. Zumal Nagelsmann auch noch Jonathan Burkardt zunächst nicht für den Kader auswählte, obwohl der Mainzer in der Bundesliga 18-mal getroffen hatte. Vom Bundestrainer erhielt Füllkrug also einen Vertrauensvorschuss, den er gegen Portugal nicht ansatzweise rechtfertigen konnte. Im besten Fall tut er das nun gegen Frankreich, zum Beispiel mit einem Tor oder einer generell präsenten Leistung im Sturmzentrum. Sollte das dem ehemaligen Bremer wiederum nicht gelingen, gibt es wenig Grund für Nagelsmann, ihn in Zukunft weiter zu berücksichtigen – vor allem nicht, wenn er das Leistungsprinzip als wichtigen Nominierungsfaktor wirklich aufrechterhalten will. Gerade mit Blick auf die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr wäre das nämlich entscheidend, um die Chance auf den Titel nicht schon frühzeitig selbst zu konterkarieren.