Scoring-Explosion von „J-Dub“ und historischer Shai Gilgeous-Alexander: Oklahoma City Thunder mit einer Hand am Pokal

Es wurde wieder spannend in Oklahoma City und kurz sah es so aus, als ob die Pacers wieder spät zum Spielverderber werden. Aber das wollte vor allem einer heute auf keinen Fall zulassen: Jalen Williams. Der schenkte den Pacers überragende 40 Punkte ein und schraubte seinen bisherigen Karrierebestwert in den Playoffs damit deutlich nach oben.

Oklahoma City Thunder (W1) – Indiana Pacers (E4) 120:109, Serie 3-2

Boxscore

„Meine Mitspieler geben mir das Gefühl, dass ich einfach ich sein muss, um erfolgreich zu sein. Das hilft enorm“, sagte Williams zu seiner Gala – und gab die Lorbeeren für den Erfolg damit gleich mal an seine Kollegen weiter. Unter denen war natürlich als erstes Shai Gilgeous-Alexander zu nennen, der mit 31 Punkten, 10 Assists, 4 Blocks und 2 Steals ebenfalls keinen kleinen Anteil daran hatte, dass den Thunder nur noch ein Sieg fehlt, um ihre eindrucksvolle Saison mit dem ersten Titel seit dem Umzug nach Oklahoma City zu krönen. Dabei schrieb SGA schon wieder Geschichte, 15 Spiele mit mindestens 30 Punkten in einer Postseason waren bisher lediglich Kobe Bryant, Hakeem Olajuwon und Michael Jordan gelungen.

Die Pacers liegen dagegen erstmals in dieser Postseason in einer Serie hinten und bangen vor dem sechsten Duell um ihren Superstar und Dirigenten, Tyrese Haliburton. Der Spielmacher zog sich noch im ersten Viertel ohne Gegnereinwirkung eine Verletzung im rechten Bein zu und war davon sichtbar beeinträchtigt, auch wenn er insgesamt 34 Minuten auf dem Court stand. Dabei gelang dem sonst vor allem in engen Spielsituationen so zuverlässigen Scorer kein einziger Treffer (0/6 FG), seine vier Zähler musste er sich an der Freiwurflinie holen. Immerhin reichte es für 7 Rebounds und 6 Assists. Eine genaue Diagnose stand ebenso wie eine Prognose für Game 6 noch aus.

Hartenstein setzt die ersten Akzente

Hartenstein setzt die ersten Akzente

Thunder-Coach Mark Daigenault hatte nach dem starken Comeback-Sieg in Spiel 4 auch dieses Mal wieder auf seine altbewährte Starting Five gesetzt und Isaiah Hartenstein neben Chet Holmgren aufs Parkett gestellt. Das sollte sich gerade zu Beginn auszahlen. Nachdem die Pacers ihr erstes Angriffsrecht mit einem Turnover hergaben, war es nämlich Hartenstein, der das Scoring mit einem furiosen Dunk eröffnete und direkt mal die mehr als 18.000 Fans in der Paycom Arena mitnahm. Angestachelt von der Atmosphäre spielten sich beide Teams schon kurz darauf in einen Rausch und suchten dermaßen schnell und effektiv den Abschluss, wie es in dieser Saison wohl nur die beiden Finalisten können. Doch das halsbrecherische Tempo spielte eher den Hausherren in die Karten, sodass Pacers-Coach Rick Carlisle bei 12:17 die erste Auszeit nahm.

Katalysator des frühen Runs der Thunder war dabei tatsächlich Hartenstein, der seine Mitspieler mit Zauberpässen und durch seine überragenden Screens stark in Szene setzte. Und der Lauf der Thunder ging auch nach dem Timeout weiter. Währenddessen schienen sich in gewisser Weise auch die Referees von der wilden Menge beeinflussen zu lassen, die ein klares Foul an Andrew Nembhard übersahen und damit Carlisle dermaßen auf die Palme brachten, dass sich dieser ein technisches Foul abholte.

Aber auch der Versuch, seinem Team die Möglichkeit zu geben, sich zu fangen, scheiterte. Indiana leistete sich insgesamt 7 Turnover in den ersten zwölf Minuten, viele davon erzwungen durch die giftige Verteidigung der Gastgeber. Auf der anderen Seite lief OKC nach dem schwachen Auftritt von Downtown in Game 4 (3/16) diesmal früh richtig heiß. Cason Wallace, der bisher in der Serie keinen Dreier getroffen hatte, startete in Spiel 5 mit 3/3 und auch Aaron Wiggins schraubte drei seiner ersten vier Versuche durch den Ring. Das erste Viertel endete dann passenderweise mit einer spektakulären Defensiv-Aktion von OKC, als Holmgren den eigentlich ziemlich zuversichtlichen Bennedict Mathurin unter dem Korb abräumte.

„Wir müssen einfach besser auf den Ball aufpassen“, sagte Myles Turner in der Viertelpause – doch genau das gelang nicht. Zwei der ersten drei Angriffe endeten in Ballverlusten, die OKC für die nächsten leichten Punkte nutzte. Kurz darauf fiel dann aber endlich auch der Dreier für Indiana. Und weil Daigneault wusste, wie schnell die Führung für sein Team dahin sein kann, wenn die Pacers ins Rollen kommen, griff er zur Auszeit. Im Zusammenspiel mit der weiterhin außerirdischen Defense OKCs bremste das die Gäste dann auch sofort wieder aus und ließ den Abstand erstmals auf bis zu 18 Punkte anwachsen.

Haliburton, der nach mehreren bangen Minuten wieder auf den Court zurückgekehrt war, stand bis dato bei 0 Punkten und 5 erfolglosen Versuchen aus dem Feld. Kurz vor Ende des ersten Viertels hatte er sich bei einem schnellen Antritt Richtung Korb anscheinend einen Muskel im rechten Bein verletzt und war kurzzeitig in der Kabine verschwunden. Auch wenn die Verletzung sicherlich nicht allein dafür ausschlaggebend war, dass „Hali“ erstmals in seiner Karriere in einer ersten Playoff-Halbzeit ohne Punkte blieb, beschäftigte sie ihn zumindest insofern, dass er sich nicht normal auf dem Parkett bewegte.

Pacers schnuppern am Comeback

Pacers schnuppern am Comeback

Zu Beginn der zweiten Hälfte entstand dann das bekannte Gefühl, dass die 50/50-Bälle zunehmend an Indiana gingen. Die Gäste spielten mit minimal höherer Intensität und schafften es, dieses kleine Übergewicht auch nachweisbar auf die Anzeigetafel zu bringen. Mitte des dritten Viertels war die Führung der Thunder auf einmal wieder nur noch einstellig (71:62). Die treibende Kraft dahinter war T.J. McConnell, der für den gehandicapten Haliburton den Taktstock in die Hand nahm und alleine in diesem Abschnitt auf 13 Punkte kam.

Bei nur noch sechs Zählern Rückstand erinnerte plötzlich vieles an Spiel 1 und das wahnsinnige Comeback Indianas. Kurz vor der letzten Pause ließen die Pacers sogar noch die riesige Gelegenheit liegen, bis auf eine Posession ranzukommen. Nembhard hatte den von Obi Toppin gestohlenen Ball beim Einwurf der Thunder ins Aus geworfen, statt seinen freien Mann unter dem Korb zu finden. Aber das sollte trotzdem noch gelingen. Zu Beginn des vierten Viertels rastete auf einmal Pascal Siakam richtig aus und verhalf den Thunder alleine in den ersten dreieinhalb Minuten zwölf Punkte über, die Indiana auf 93:95 heranbrachten.

Aber der Forward zeigte nicht nur offensiv, warum er bereits einen Championship-Ring am Finger hat. Siakam war auch in der Defensive omnipräsent und verteidigte auf allen Positionen, am Ende standen 28 Zähler, 6 Boards, 5 Assists, 3 Steals und 2 Blocks auf dem Statsheet. Gut möglich, dass für die Pacers in dieser Phase einiges möglich gewesen wäre. Doch „J-Dub“ wollte den Pacers an diesem Abend keine neue Heldentaten erlauben und riss zusehends das Spiel an sich, während Indiana sich mit vier weiteren Ballverlusten in Folge selbst aus der Partie nahm.

„Keine Panik, es ist ein Spiel von Runs“, hatte Williams noch vor dem Schlussabschnitt gesagt: „Wir müssen uns auf unsere Defense konzentrieren.“ Und genau das taten sie. Indiana kam nicht mehr wirklich näher und nach einer erfolglosen Challenge, die ein vermeintliches Foul an Siakam aufdecken sollte, schwenkte Carlisle die weiße Fahne und schickte seine Ersatzbank auf den Court.

OKC hat nun die Chance, in der Nacht auf den Freitag den Deckel drauf zu machen. Einfach wird das jedoch nicht. „Das ist ein richtig gutes Team“, warnte „J-Dub“ daher: „Sie sind nicht aus Versehen ins Finale gestolpert.“ Aber der Matchwinner hatte auch direkt die Formel für den historischen Sieg zum Titel parat. „Energie und Aufwand“, nannte er als Stichworte: „Wenn wir wenig Fehler machen und hart spielen, ist alles möglich.“