„Man muss den Jungs einfach ein Kompliment machen. Es ist ein Privileg, mit ihnen zu arbeiten“, sagte ein emotionaler Sam Presti nach dem Spiel. Der Thunders-GM hat ein Team geformt, dass sich am Ende, aufgrund von Regular-Season- und Finals-MVP Shai Gilgeous-Alexander und einer überragenden Defense verdient die NBA-Krone aufsetzt. Zum ersten Mal in der Geschichte der Liga geht ein Titel nach Oklahoma.
Oklahoma City Thunder (W1) – Indiana Pacers (E4) 103:91, Serie 4-3
Vor der Partie waren die Rollen trotz der unglaublichen Pacers-Leistung in Spiel 6 klar verteilt. Laut ESPN war OKC mit einem Vorteil von 7 Punkten der größte Favorit seit 1991. Doch Pacers-Superstar Tyrese Haliburton zeigte sich vor dem Spiel durchaus selbstbewusst: „Es ist ein Spiel. Wir glauben an uns. Wir haben viel Vertrauen in diese Gruppe.“
Und in der ersten Hälfte war dieses Vertrauen zu spüren. OKC hatte große Probleme gegen die Pacers, die im Kollektiv funktionierten. Und das, obwohl Mitte des ersten Viertels das passierte, was auch Thunder-Fans sicher nicht allzu gerne sehen. Pacers-Superstar Tyrese Haliburton verletzte sich bei einem Antritt an seiner angeschlagenen Wade, die er seit Spiel 5 mit sich trägt. Er ging mit schmerzverzerrtem Gesicht zu Boden und konnte nicht mehr weiterspielen. Eine schwere Verletzung ist, wenn man sich die Bilder anschaut, mehr als wahrscheinlich. „Was mit Tyrese passiert ist, war herzzerreißend. Aber er wird zurückkommen“, sagte Carlisle nach dem Spiel.
Prayers up for Tyrese Haliburton. 🙏
— Hoop Central (@TheHoopCentral) June 23, 2025
Doch auch ohne ihren Superstar waren die Pacers extrem heiß. Vor allem Siakam (7 Punkte), Nembhard (8 Punkte) und Mathurin (8 Punkte) machten den Thunder in der ersten Hälfte defensiv Probleme. Zusätzlich wollten bei OKC die Würfe nicht wirklich fallen, sodass Nembhard mit einem Step-Back-Jumpshot-Dreier mit vier Sekunden auf der Uhr auf den Halbzeitstand von 48:47 aus Sicht des Außenseiters stellte. „Es war enttäuschend. Es war das Kollektiv. Es war nicht ein einzelner Spieler“, hatte Thunders-Coach Mark Daigneault bereits nach Spiel 6 festgestellt. Sollte sich die enttäuschende Team-Leistung wiederholen?
Aggressive Defense von OKC belebt die Offense
Nein, denn in der zweiten Hälfte zeigten die Thunder, warum sie das beste Team in der NBA sind. Die aggressive Defense sorgte für zahlreiche Turnover gegen immer nervöser werdenden Pacers und OKC nutzte die Fehler auch immer besser aus. Rick Carlisle stand im gesamten zweiten Durchgang nur noch genervt am Seitenrand und musste mit ansehen, wie sein Team überrannt wurde. Nach einem dominanten dritten Viertel (34:20) wurde den Gästen eigentlich schon der Stecker gezogen. Auch eine paar fragwürdige Ref-Entscheidungen zugunsten des Heim-Teams waren für die Spannung nicht förderlich.
Und auch ins vierte Viertel startete OKC mit einem 9:0 Run und war zu diesem Zeitpunkt der ganz klare Herr im Haus. Danach schalteten die Thunder in den Verwaltungsmodus und ließen defensiv noch einige Punkte zu. Doch den Pacers fehlte an diesem Tag vor allem eine Helden-Leistung, die man am ehesten noch Haliburton zugetraut hätte. Wie immer kämpften die Gäste unermüdlich und zeigten extrem viel Moral, doch OKC konnte immer wieder kontern, ohne wirklich ins Schwitzen zu kommen.
Am Ende der Partie machte OKC 32 Punkte aus 23 Turnovern. Die Wurfquoten waren nicht überragend (40,2 % FG, 27,5 % 3PT), doch das war auch nicht nötig, weil sie, im Gegensatz zu den Pacers, wenig Turnover produzierten (8:23) und dadurch deutlich mehr Würfe hatten.
NBA-Finals-MVP Shai war natürlich der auffälligste Spieler beim Champion. Er kam am Ende auf 29 Punkte und 12 Assists (Playoff-High), obwohl er vor allem von Downtown teilweise kläglich scheiterte (2–12 3PT). „Es fühlt sich nicht real an“, sagte Gilgeous-Alexander nach dem Spiel. „So viele Stunden. So viele Momente. So viele Emotionen. So viele Nächte des Unglaubens. So viele Nächte des Glaubens. Es ist verrückt zu wissen, dass wir alle hier sind, aber dieses Team hat dafür gearbeitet. Dieses Team hat viele Stunden investiert, und wir haben es verdient.“
Unterstützt wurde SGA vor allem von Jalen Williams (20 Punkte) und Chet Holmgren (18 Punkte, 6-8 FG, 5 Blocks). Von der Bank konnten Caruso (10 Punkte) und Wallace (10 Punkte) zweistellig punkten. Isaiah Hartenstein bekam wieder nicht viele Minuten (18), zeigte allerdings trotzdem einen soliden Auftritt (7 Punkte, 9 Rebounds).
Pacers können trotz der Niederlage stolz sein
Bei den Pacers war vor allem die Leistung von TJ McConnell mal wieder mehr als beachtlich. Der Guard konnte mit seinen Dribblings in die Zone immer wieder für Gefahr sorgen und beendete das Spiel mit 16 Punkten (8–13 FG). Doch im Endeffekt wollte er dieses Mal zu viel und leistete sich extrem viele Turnover (7).
Top-Scorer des Teams aus Indiana war Benedict Mathurin (24 Punkte, 13 Rebounds), der zeigte, wie gut auch die Bank der Pacers in dieser Playoff-Serie funktionierte. Dafür kam allerdings von den Startern zu wenig. Siakam (16 Punkte) hatte in der zweiten Hälfte vor allem defensiv immer größere Probleme, Nembhard (15 Punkte, 6 Assists, 5 Rebounds) lieferte passable Zahlen, Turner (6 Punkte) und Nesmith (3 Punkte) waren offensiv kein Faktor.
Am Ende muss man einfach festhalten, dass besonders die Verletzung von Haliburton eine Hypothek zu viel war. Hätte man den Pacers am Anfang der Saison gesagt, sie würden in Spiel 7 in den NBA-Finals stehen, dann hätten sie das sofort unterschrieben. Gegen eine Mannschaft mit der Qualität und Kadertiefe so lange mithalten zu können, zeigt, was die Pacers für ein Team sind. Auch die Comeback-Qualitäten, vor allem in den Conference Finals gegen die Knicks, zeigen, was in diesem Team steckt. Mit einer smarten Offseason und kleinen Anpassungen ist ein tiefer Playoff-Run auch in der kommenden Saison nicht auszuschließen. Nun überwiegt allerdings erst einmal die Trauer.
Auf der anderen Seite könnte der NBA-Titel erst der Anfang sein, das sieht auch Presti so: „Das nächste große Thunder-Team ist irgendwo da draußen, aber es wird Zeit brauchen, um es zu bekommen, und Disziplin, um es zu erhalten.“