Deutschland kassierte bei der EM gegen Schweden eine herbe Niederlage. Vor dem Viertelfinale kommt es daher jetzt auf den Bundestrainer an. Vor knapp zehn Jahren erlebten die DFB-Frauen im Algarve-Cup eine böse Überraschung: Schweden besiegte Deutschland mit 4:2. Seither hat die Mannschaft in keinem einzigen Spiel mehr als drei Gegentore kassiert. Doch am Samstag folgte das unheilvolle Déjà-vu: Im dritten Gruppenspiel der EM unterlag Deutschland mit 1:4 – erneut gegen Schweden. Der Gruppensieg war dahin und Bundestrainer Christian Wück steht unter Druck: Im Viertelfinale gegen Frankreich muss er jetzt liefern. In seiner noch jungen Amtszeit als Bundestrainer des deutschen Frauen-Nationalteams überwiegt jedoch ein altbekanntes Problem. Das Debakel gegen Schweden war mehr als nur ein Ausrutscher – es offenbarte Schwächen, die er bislang nicht behoben hat. Die klaffende Lücke Als Wück im Oktober des vergangenen Jahres sein Debüt gab, war schnell klar, was seine größte Herausforderung werden würde. Schon im ersten Duell mit England, das Deutschland mit 4:3 gewann, war die hohe Anzahl an Gegentoren ein Problem. Es war offensichtlich: Eine stabile Abwehr musste her. So versuchte er in den vergangenen acht Monaten, Lösungen zu finden, experimentierte in der Defensive – und kassierte immerhin bis zuletzt nie mehr als zwei Gegentore. Doch die klaffende Lücke, die durch den Rücktritt von Ex-Abwehrchefin Marina Hegering noch verschärft wurde, konnte Wück bisher nicht schließen. Kapitänin Janina Minge hat sich in der Defensive etabliert und ist zu einer Konstante geworden. Doch Wücks Idealvorstellung – zwei Innenverteidigerinnen, eine links- und eine rechtsfüßig – führte dazu, dass er die erfahrene Kathrin Hendrich aus der Stammformation verbannte. Stattdessen setzte er auf die noch wenig erprobte Rebecca Knaak, die in ihren bislang sieben Länderspielen Schwächen im Stellungsspiel und der Handlungsschnelligkeit aufwies. So konnte das deutsche Team vor allem defensiv keine Konstanz aufbauen. Gegen Schweden experimentierte Wück nach den ersten drei Gegentoren mit einer Dreierkette. Seine Elf kassierte im Anschluss immerhin nur noch einen weiteren Treffer. Doch das Problem, das sich durch seine Amtszeit zieht, blieb: Eine verlässliche Abwehrformation ist noch immer nicht in Sicht. Und Wück machte noch eine weitere Baustelle auf. Nach dem 2:1-Sieg gegen Dänemark kritisierte er plötzlich Torhüterin Ann-Katrin Berger. Ihr riskanter Spielstil sei ihm zuwider, er kündigte ein Gespräch mit ihr an. Nur wenige Tage später ruderte er zurück und versicherte, dass eine Torwartdebatte kein Thema sei – und die Öffentlichkeit das Ganze hochgekocht habe. Doch auch hier blieb der Trainer in seiner eigenen Falle der Missverständnisse stecken, denn schon vor der EM in der Schweiz war er für seinen Mangel an Kommunikation kritisiert worden – Linksverteidigerin Felicitas Rauch hatte in den sozialen Netzwerken öffentlich Wücks Kommunikationsstil beklagt. Auf den Bundestrainer wartet also noch eine Menge Arbeit. Aber: Die Zeit läuft ihm davon. Am Samstag trifft sein Team mit Frankreich auf einen Turnierfavoriten und Gegner, der jeden Fehler Deutschlands auszunutzen weiß. Er muss jetzt einen klaren Plan verfolgen und dem Team Sicherheit geben, um ein vorzeitiges Ausscheiden aus der EM zu vermeiden.