Die Tour de France ist vorbei, Ausnahmefahrer Tadej Pogačar hat seinen vierten Sieg gefeiert. Doch auch für einen anderen war das Rennen ein Erfolg – ganz Deutschland kennt jetzt Florian Lipowitz. Im Fußball ist es die Champions League , im Radsport die Tour de France. Einmal im Jahr messen sich die besten Fahrer der Welt bei der dreiwöchigen Rundfahrt. Die letzten fünf Male dominierten Tadej Pogačar und Jonas Vingegaard die Tour. Das Star-Duo ist quasi unerreichbar, alle anderen kämpfen um den dritten und letzten verbliebenen Platz auf dem Podium. Und hier hat ein Deutscher 2025 die Sensation geschafft: Florian Lipowitz. Er wurde direkt bei seinem Tour-Debüt Dritter in der Gesamtwertung , landete auf dem Podest – hinter den beiden Top-Stars. Was erst einmal unspektakulär klingt, ist seit 2006 nach Andreas Klöden keinem Deutschen mehr gelungen . Lipowitz stillt damit eine Sehnsucht. Sein Erfolg ist für den deutschen Radsport ein Meilenstein. Mehr noch: Der deutsche Radsport hat einen neuen Star – dem viel Respekt gebührt. Er setzt damit ein Ausrufezeichen Der 24-Jährige wurde nicht nur Gesamtdritter, er sicherte sich auch das Weiße Trikot für den besten Nachwuchsfahrer. Das gelang erst zwei Deutschen – letztmals trug Jan Ullrich das Jersey 1998. Das zeigt, was Lipowitz geleistet hat. Er konnte zeitweise mit Pogačar und Vingegaard mithalten und attackierte die beiden sogar. Der dritte Platz von Lipowitz bei der Dauphiné-Rundfahrt im Juni war ebenso kein Zufall wie nun der dritte Platz bei der Tour. Er setzt damit ein Ausrufezeichen – auch für die Zukunft. Denn Lipowitz ist in diesen drei Wochen Tour de France nicht nur im Windschatten gefahren. Er hat auch viel riskiert und gewagt. Zwar wurde sein Mut besonders auf der Königsetappe, dem 18. Rennabschnitt, durch viel Zeitverlust nicht belohnt. Ans Aufgeben hat der gebürtige Baden-Württemberger jedoch nicht gedacht und gegen seinen direkten Konkurrenten im Gesamtklassement, Oscar Onley, zurückgeschlagen. Nur einen Tag später fuhr der fast schon geschlagen geglaubte deutsche Radprofi nämlich wieder einen Vorsprung heraus. Selbst sein deutscher Konkurrent Maximilian Schachmann betitelte das in der ARD als „Weltklasse“. Andere deutsche Profis lobten Lipowitz ebenfalls. Was für eine klasse Leistung – körperlich, aber auch mental. Lipowitz sprach zeitweise davon, dass er „mehr Druck“ verspüre. Logisch, denn mit Erfolg steigen auch die Erwartungen. Und diese musste der Ex-Biathlet erst einmal erfüllen. Sowohl die seines Teams als auch die der Fans. Das gelang ihm mit Bravour – am Ende durften alle Beteiligten jubeln. Vom Helfer zum Star des Teams Etappe für Etappe wuchs der Deutsche in seine unerwartete Rolle als Tour-Überraschung. Eigentlich als Edelhelfer für seinen Teamkollegen und Olympiasieger Primož Roglič in die Tour gegangen, wurde Lipowitz plötzlich selbst zum unausgesprochenen Kapitän. Lipowitz selbst stärkte Roglič öffentlich den Rücken. Er ließ seine Taten sprechen und kam so Stück für Stück an seinem erfahrenen Teamkollegen vorbei. Auf der vierten Etappe wurde er beim ersten Zeitfahren Sechster und landete genau sechs Plätze vor Roglič – und lag ab diesem Zeitpunkt auch im Gesamtklassement vor dem Slowenen. Nach der 12. Etappe war Lipowitz Vierter, nach der 14. Etappe lag er erstmals auf dem dritten Platz und behauptete diesen Rang die weiteren sieben Tage bis ins Ziel. Lipowitz selbst gibt sich nach dem Tourerfolg bodenständig. Er erklärte: „Ich hätte niemals damit gerechnet, überhaupt um das Podium mitfahren zu können.“ Das klingt bescheiden für jemanden, der gerade eine fast 20 Jahre alte deutsche Durstrecke beendet hat – und noch weiter Radsportgeschichte schreiben kann.