Der Tod von Laura Dahlmeier löst auf der ganzen Welt große Betroffenheit aus. In ihrem Heimatort Garmisch-Partenkirchen ist die Trauer besonders groß. Die Glocken der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt in Partenkirchen läuten – insgesamt elfmal. Es ist 19 Uhr am Mittwochabend, und Johann Schellinger bittet die Besucher nun, langsam zu gehen. Der Mesner will gleich die Eingangspforte abschließen. Vorher muss der 72-Jährige aber noch etwas erledigen: Die Opferkerzen im Eingangsbereich müssen nämlich noch aufgefüllt werden. 150 Stück lagen dort am Morgen noch bereit. Jetzt sind die dafür vorgesehenen Fächer komplett leer. Seilpartnerin über Unfall: Dahlmeier wurde „von riesengroßem Stein getroffen“ Behörden äußern sich: Laura Dahlmeiers Leichnam wird doch am Berg bleiben Laura Dahlmeier stirbt bei Unglück: Ihre Partnerin versuchte stundenlang, sie zu bergen Das hat auch einen besonderen Grund: Viele Menschen sind heute nämlich gekommen, um eine Kerze für die in den Bergen von Pakistan tödlich verunglückte Laura Dahlmeier anzuzünden. In der Vorhalle der Kirche liegt ein Kondolenzbuch aufgeschlagen auf einem Stehtisch bereit. Der letzte handschriftliche Eintrag ist mit dem Datum von Mittwoch und lautet folgendermaßen: „Lieber Gott, leider hat unsere Laura den Sturz im Gebirge nicht überlebt. Sie war sich immer bewusst, dass es passieren kann. Nimm sie auf in dein himmlisches Reich. Hilf der Familie und gib ihr Kraft, den Schmerz und die Trauer zu ertragen. Mutter Gottes steh‘ ihr bei.“ Auch Mesner Schellinger ist von der schlimmen Nachricht erschüttert. Früher arbeitete er noch als Hausmeister der Garmischer Mädchenschule St. Irmengard, die Dahlmeier besuchte. „Sie war immer lustig drauf und gut gelaunt“, erzählt er. „Jeder spricht darüber, jeder hat sie gekannt.“ Weiße Rosen vor Papa Dahlmeiers Geschäft niedergelegt Wenige Gehminuten entfernt liegt das Einrichtungshaus, das von Dahlmeiers Vater Andreas betrieben wird. Direkt vor dem Eingang wurde ein Strauß weißer Rosen niedergelegt. Über den Schaufenstern steht der Slogan des Geschäfts: „Das Leben schön einrichten.“ Auch vor dem Eingang der Schmuckwerkstatt im knapp 16 Kilometer entfernten Ort Krün, in der Dahlmeiers Mutter Susi arbeitet, wurden Kerzen und einige Karten mit guten Wünschen niedergelegt. „Der ganze Ort ist schwer und tief betroffen“ „Der ganze Ort mit seinen Einwohnerinnen und Einwohner ist schwer und tief betroffen“, sagt Garmisch-Partenkirchens Bürgermeisterin Elisabeth Koch im Gespräch mit t-online. Das sei überall zu spüren. Auch sie werde ständig auf den Tod von Dahlmeier angesprochen. „Die traurige Nachricht hat sich herumgesprochen wie ein Lauffeuer“, erzählt Koch. Auch sie selbst müsse den Moment, in der ihr die schlimme Nachricht überbracht wurde, noch verarbeiten. Am Dienstag war das, während eines gemeinsamen Pressetermins mit den Skisportikonen Christian Neureuther und seinem Sohn Felix in Begleitung von dessen Frau Miriam, die als Ex-Biathletin einst Mannschaftskollegin von Dahlmeier war. „Die Nachricht hat uns alle wie der Blitz getroffen. Gerade die Miri hat die Laura ja auch von Kindesbeinen an gekannt. Wir alle mussten uns da erst mal sammeln. Das war brutal.“ Denn in diesem Moment waren die Hoffnungen auf ein Wunder und die Rettung von Dahlmeier endgültig geplatzt und die schlimmsten Befürchtungen bittere und endgültige Realität geworden. „Wenn das dann so manifestiert ist, ist das nochmal ganz was anderes“, sagt Koch. Während des Bangens der vorangegangenen Tage habe man zuvor noch „überall gehört: ‚Mensch, hoffentlich geht das gut. Hoffentlich kommt sie wieder zurück.'“ Jetzt herrscht aber bittere und traurige Gewissheit. Als Mutter zweier Kinder in ähnlichem Alter mache sie Dahlmeiers Tod besonders betroffen. „Unter solch tragischen Umständen am anderen Ende der Welt ein Kind zu verlieren, das sich fröhlich auf eine solche Expedition verabschiedet hat – das kann man nicht in Worte fassen.“ „Sie hatte eine unbändige Aura“ Dementsprechend groß ist die Trauer nun in ihrem Heimatort. „Die Laura wurde bei uns ja nicht nur als absolute Spitzensportlerin wahrgenommen“, sagt Koch, sondern eben auch als Mitbürgerin, „die so mit dem Ort verbunden war, so geerdet, so reflektiert – und so strahlend“. Dahlmeier wurde nur 31 Jahre alt. Trotzdem habe sie bereits „eine unbändige Aura gehabt“, so Koch. „Im Gespräch war sie sehr, sehr weise, reflektiert, was man von einer so jungen Frau eigentlich gar nicht erwartet.“ „Das liegt daran, dass die Laura Dahlmeier einfach eine Garmisch-Partenkirchenerin war“, würdigt die Politikerin die Verstorbene. Im alltäglichen Leben des Ortes sei Dahlmeier dementsprechend präsent gewesen: „Sie war hier einkaufen, bei Vereinen aktiv, hatte ihre Freunde hier. Sie war eine von uns.“ Auch beim Skifahren oder im Rahmen ihrer Tätigkeit als Bergwachtlerin. „Sie war aktiv bei Einsätzen dabei“, betont Koch. „Wenn Sie sich am ersten Weihnachtsfeiertag im Garmischer Klassikgebiet vielleicht das Knie verdreht hätten, hätte es passieren können, dass Laura Dahlmeier gekommen wäre und Sie geborgen hätte“, so Koch: „Sie war ein ganz besonderer Mensch.“ Um den jetzt auf der ganzen Welt getrauert wird – und ganz besonders in Garmisch-Partenkirchen . „Garmisch macht nichts ohne die Zustimmung der Familie“ „Die Familie und die engsten Freunde müssen diesen Tod und diese Trauer jetzt erst einmal fassen“, sagt Koch. „Dafür braucht es Raum und Zeit.“ Auch deshalb sei von Seiten der Stadt keine Gedenkfeier geplant. „Garmisch-Partenkirchen macht nichts, aber auch gar nichts, ohne die Zustimmung der Familie. Die hat absoluten Vorrang“, erklärt Koch die Entscheidung. Sofern es „gewünscht und gewollt“ werde, dann sei man „selbstverständlich dabei, beispielsweise auch mit ihren Kameradinnen und Kameraden von der Bergwacht oder vom Skiklub.“ Im Moment sei es dafür aber noch zu früh. „Wir werden sprechen miteinander, wenn es an der Zeit ist.“