Die Verantwortlichen des FC Bayern sind im Transfer-Endspurt gefordert. Die Stars äußern schon Sorgen – zu Recht. In dieser Deutlichkeit hat lange kein Spieler des FC Bayern mehr Kritik an seinem eigenen Klub geäußert. „Es ist vermutlich einer der kleinsten Kader, in dem ich je gespielt habe“, hatte Harry Kane unlängst verlauten lassen. „Wir sind ein bisschen dünn besetzt, aber das liegt nicht in der Macht der Spieler.“ Eine klare Botschaft an Sportvorstand Max Eberl und Sportdirektor Christoph Freund : Ihr müsst noch was tun. Und Kane hat recht. Die Zeit spielt gegen die Bayern. In zwei Wochen schließt sich das Sommer-Transferfenster, dann sind Tatsachen geschaffen, Spekulationen haben ein Ende. Doch ganz so einfach ist es für den deutschen Rekordmeister auf dem Transfermarkt anscheinend nicht mehr: Absage Florian Wirtz , bei Nick Woltemade hat der VfB Stuttgart die Spekulationen beendet und auch der dritte Wunschspieler Christopher Nkunku kommt wohl nicht, bleibt stattdessen beim FC Chelsea . Ein bayerisches Dilemma mit noch nicht absehbaren Folgen. Kein Ersatz für Harry Kane Wie in jeder Saison wollen die Bayern in allen Wettbewerben das Maximum erreichen. Mit diesem Kader wird das aber nichts. Selbst Christoph Freund hatte nach dem 2:1 im Supercup beim VfB Stuttgart eingeräumt, „dass wir von der Quantität her nicht so groß aufgestellt sind“. Es gibt einen Stamm von 14 bis 15 Spielern, das war’s. Mit Hiroki Itō, Alphonso Davies , Aleksandar Pavlović und Jamal Musiala sind vier Stars noch verletzt. Sie werden aber – mindestens – noch einige Wochen fehlen, müssen dann erst mal an die Mannschaft herangeführt und richtig fit werden. Die größte Baustelle: Es gibt einmal mehr keinen Ersatz für Harry Kane. Es fehlt ein weiterer Mittelstürmer im Kader. Nick Woltemade hätte das wohl am ehesten ausfüllen können. Was man den Münchnern zugutehalten muss, ist die Tatsache, dass sie nicht wie andere Topklubs in Europa mit Geld um sich werfen, sondern bisher wirtschaftlich stabil handeln. Sie haben sich gegen eine Verlängerung von Leroy Sané (zu Galatasaray Istanbul) entschieden, die Gehaltsforderungen des Nationalspielers wollte man nicht erfüllen. Zumal es auch sportliche Gründe gab, Sané ziehen zu lassen. Für Kingsley Coman bekommen die Bayern über 30 Millionen Euro als Ablöse aus Saudi-Arabien, für Mathys Tel 35 Millionen Euro von Tottenham. Und der Weggang von Urgestein Thomas Müller schmerzt, vor allem die Fans, aber auch hier sparte der Klub viel Gehalt ein, was Geld für andere Spieler freimachte. Allerdings: Durch die Abgänge haben sich die Bayern die Kader-Baustelle auch selbst aufgemacht. Am besten verdeutlicht das das Beispiel Kingsley Coman: Ihn abzugeben, ohne direkt einen gleichwertigen Ersatz in der Hinterhand zu haben, ist ein großes Risiko. Besonders, wenn man in den vergangenen Monaten den Eindruck gewinnen konnte, wie schwierig sich der Transfermarkt gerade darstellt. Das reicht alles nicht Die neuen Spieler müssen endlich kommen. Mit Luis Díaz ist ein Superstar eingekauft worden (für 75 Millionen Euro aus Liverpool). Dazu der ablösefreie Jonathan Tah und der ambitionierte Tom Bischof aus Hoffenheim. Das war’s. Das reicht eventuell für den erneuten Gewinn der Meisterschaft. Um auf dem europäischen Rasen um Titel mitzuspielen, auf keinen Fall. Denn die europäische Konkurrenz hat nicht geschlafen. Der FC Liverpool hat groß investiert und sich verstärkt (trotz einiger Abgänge), dazu der FC Barcelona, Arsenal, Real Madrid, Manchester City – sie alle haben vorgelegt und sich hauptsächlich in der Breite verstärkt. Anders als die Bayern. Deswegen sollten die Bayern-Bosse genau hinhören, wenn ein Spieler wie Harry Kane Alarm schlägt. Auch, wenn Freund betonte, dass die Qualität des Kaders schon „sehr, sehr hoch“ ist und man „sehr gut aufgestellt“ sei. Klar ist: Nicht nur der Kader reicht so nicht aus, es darf sich auch kein Spieler mehr verletzen. Noch ist die Zeit da, um kreativ zu handeln und neue Spieler zu verpflichten. Wird das verpasst, werden sich Eberl, Freund und Co. einige Nachfragen anhören dürfen.