Formel 1: Warum bei Hamilton in Monza der Geist von Niki Lauda mitfährt

Lewis Hamilton erlebt eine schwache erste Saison für Ferrari. Beim Heimspiel in Monza hat er die Chance, sein erstes Jahr für die Italiener zu retten. Über allem schwebt der Geist der Vergangenheit. „Es tut mir so leid, Leute“: Als Lewis Hamilton mit seinem Ferrari in der Streckenbegrenzung von Zandvoort steckte, wusste er, was ihm gerade für ein Fehler unterlaufen war, und entschuldigte sich per Funk bei seinem Team. Auf feuchter Strecke hatte sich der Formel-1-Rekordweltmeister zu weit nach außen tragen lassen und war auf ein auf der Strecke aufgemaltes Sponsorenlogo gekommen. Die Farbe des Logos bot weniger Haftung, Hamilton verlor die Kontrolle und zerlegte sein Auto. Der Anfängerfehler, den Sky-Experte Ralf Schumacher als „Niveau erste Klasse Volksschule“ bezeichnete , stand sinnbildlich für Hamiltons bislang enttäuschende Saison. Die italienische Presse beginnt den 40-Jährigen nur wenige Monate nach seinem Ferrari-Wechsel bereits als „zu schlecht, um wahr zu sein“ („Corriere dello Sport“) oder „Desaster“ („Corriere della Sera“) abzukanzeln. Doch mit einem Erfolg beim Heimrennen könnte Hamilton das Ruder noch mal herumreißen. Dabei wird sein alter Mentor einmal mehr eine große Rolle spielen. Monza hat besondere Bedeutung Traditionell hat das Heimrennen in Monza eine ganz besondere Bedeutung für Ferrari. Es gilt seit jeher die Marschroute: Die Saison kann schlecht laufen, aber gewinnt die Scuderia in Monza, war sie ein Erfolg. Schon häufiger brachte Ferrari deshalb neue Teile mit zum Heimspiel, um konkurrenzfähig zu sein. Im vergangenen Jahr gelang der Coup: Charles Leclerc gewann das Rennen. In dieser Saison kämpft allerdings auch Hamiltons Teamkollege mit seinem roten Boliden. In Zandvoort landete er in derselben Kurve wie Hamilton in der Streckenbegrenzung – jedoch machte er keinen Fehler, sondern wurde zuvor von Mercedes-Pilot Kimi Antonelli abgeräumt. Das Ergebnis für Ferrari ist dasselbe: Der Rennstall braucht dringend Punkte, wenn er Platz zwei in der Konstrukteurswertung verteidigen will. Auch in diesem Jahr haben sich die Ingenieure deshalb ein umfangreiches Update-Paket einfallen lassen, das ihr Auto auf dem speziellen, auch „Temple of Speed“ genannten Hochgeschwindigkeitskurs im königlichen Park von Monza schneller machen soll. Hamilton muss Strafe verbüßen Hamilton bekommt also einen runderneuerten Boliden, um bei seinem ersten Monza-Rennen für Ferrari doch noch einen Erfolg einzufahren. Noch immer wartet er auf seinen ersten Podestplatz in Rot, liegt mit 109 Punkten ganze 42 Punkte hinter Teamkollege Leclerc und nur auf Rang sechs der Fahrer-WM. Mit seiner schwachen Leistung in Zandvoort hat sich Hamilton dabei auch für Monza in eine ungünstige Ausgangsposition gebracht. Denn schon auf den Einführungsrunden hatte Hamilton Gelbe Flaggen missachtet und wurde dafür nach dem Rennen mit einer Rückversetzung um fünf Startplätze in Monza bestraft. Heißt: Selbst wenn Hamilton eine Überraschung schaffen und im Qualifying am Samstag auf die Pole Position fahren sollte, würde er nur von Startplatz sechs ins Rennen gehen. Sehr wahrscheinlich startet er sogar noch weiter hinten. Um tatsächlich sein erstes Podium im Ferrari zu feiern, wird Hamilton also aller Wahrscheinlichkeit nach eine Aufholjagd brauchen. Dabei weiß der siebenmalige Weltmeister, dass er endlich liefern muss: „In Monza lastet Riesendruck auf uns als Team. Und der meiste auf mir, weil ich keine gute Saison habe“, sagte er. Ferrari feiert Laudas WM-Jubiläum Erschwerend hinzu kommt, dass Ferrari ausgerechnet beim Heimrennen das 50. Jubiläum von Niki Laudas erstem WM-Titel im Ferrari 1975 begeht. Im Andenken an die österreichische Renn-Legende tritt die Scuderia mit einer Sonderlackierung an, die dem Ferrari von 1975 nachempfunden ist. Für Hamilton dürfte sich das anfühlen, als würde ihn der Geist der vergangenen Weihnacht besuchen, um ihn an erfolgreichere Zeiten zu erinnern. Denn Lauda ist nicht nur für Ferrari eine prägende Figur gewesen – sondern auch für Hamilton persönlich. Nach seiner aktiven Karriere betätigte sich Lauda unter anderem als Berater für den Mercedes-Rennstall. In dieser Funktion hatte er wesentlichen Anteil daran, Hamilton zur Saison 2013 von McLaren zu Mercedes zu holen. Es war ein Wechsel, der von vielen Experten anfangs belächelt wurde, sich letztendlich aber als goldrichtig erwies. Während Hamilton im Silberpfeil weitere sechs WM-Titel gewann und zum Rekordweltmeister aufstieg, fiel McLaren in den Folgejahren ans Ende des Feldes zurück. Erst in den vergangenen Saisons schaffte der britische Rennstall eine Renaissance. Für Hamilton heißt das: Ohne Lauda wäre er wahrscheinlich nicht Rekordweltmeister geworden. Er sah in Lauda einen Mentor, dessen Tod im Jahr 2019 ihn tief traf. Wenn Hamilton am Sonntag also für eines seiner wohl schwierigsten Rennen in den umlackierten Ferrari steigt, fährt der Geist von Lauda mit. Ob es den Druck erhöht oder Hamilton gar beflügelt, bleibt abzuwarten.