DFB | Aleksandar Pavlović: Sorgenkind wird zum Gewinner der Nationalelf

Aleksandar Pavlović sollte in der Nationalelf eigentlich eine Schlüsselrolle einnehmen. Bisher wurde der Mittelfeldmann aber mehrfach ausgebremst. Hat das nun ein Ende? Aus Nordirland berichtet Benjamin Zurmühl Mit einem Wert von 108 führt Waldemar Anton in der laufenden Saison die Bundesliga-Statistik der Ballkontakte pro Spiel an. Der Innenverteidiger von Borussia Dortmund ist der Ausgangspunkt vieler Angriffe des BVB , weshalb er permanent angespielt wird. Joshua Kimmich berührte in der vergangenen Saison beim FC Bayern den Ball sogar rund 121 Mal pro Spiel. Aleksandar Pavlović kam am vergangenen Freitag im Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Luxemburg auf 161 Ballkontakte, übertrumpfte die Werte von seinen DFB-Kollegen Anton und Kimmich deutlich. Der 21-Jährige war auffallend präsent, war die Schaltzentrale des deutschen Spiels. Pavlović wirkte so, als würde er es einfach wie immer machen. Dabei war es erst sein sechstes Länderspiel, das dritte von Beginn an. Eigentlich hätten es schon mehr als doppelt so viele Einsätze sein sollen. Doch der begabte Mittelfeldmann wurde regelmäßig ausgebremst. Pavlović war zeitweise so etwas wie das Sorgenkind der Nationalmannschaft. Nun gibt es die Hoffnung, dass damit Schluss ist. Der „Aleks aus der U23“ Zwei Jahre ist es her, da feierte der „Aleks aus der U23“ sein Debüt beim FC Bayern. Thomas Tuchel , der damalige Trainer des Rekordmeisters, hatte im Sommer 2023 seinen Wunschtransfer nicht bekommen. Tuchel wollte eine „Holding Six“, einen defensiven Mittelfeldspieler, der seine Position hält, eine gewisse physische Präsenz hat und auch in der Arbeit gegen den Ball gut ist. Ein geplanter Transfer platzte im Spätsommer auf den letzten Metern und kaderinterne Optionen wie Konrad Laimer, Leon Goretzka oder Joshua Kimmich erfüllten nicht das von Tuchel gewünschte Profil. Also probierte er gezwungenermaßen den „Aleks aus der U23“, wie er ihn in einem Interview einmal nannte, aus. Der „Aleks aus der U23“, das war Aleksandar Pavlović, der Ende Oktober gegen Darmstadt 98 sein Debüt in der Bundesliga feierte. Zwei Wochen später durfte er sogar in der Startelf ran. Der damals erst 19 Jahre alte Mittelfeldmann spielte sich schnell im Bayern-Kader fest, sollte später sogar im Champions-League-Halbfinale in Madrid 90 Minuten auf dem Platz stehen. Es war der kometenhafte Aufstieg eines jungen Talents, das vor der Saison kaum jemand auf dem Zettel hatte. Doch in der gleichen Saison begann eine Phase, die an den Film „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erinnert. Immer wieder wurde Pavlović von Krankheiten und Verletzungen gestoppt. „Er wird für Deutschland sehr wichtig werden“ Im März 2024 nominierte ihn Bundestrainer Julian Nagelsmann erstmals für die A-Nationalmannschaft. Pavlović musste aufgrund einer Mandelentzündung absagen. Drei Monate später war er dann wieder dabei, war für den EM-Kader eingeplant und feierte im Testspiel gegen die Ukraine sein Debüt. Es folgte der erneute Rückschlag: Wieder plagte Pavlović eine Mandelentzündung, die Heim-Europameisterschaft war für ihn gelaufen. Pavlović verzichtete auf einen Sommerurlaub und ließ sich die Mandeln entfernen, damit endlich mit den Ausfällen Schluss ist. Er startete gut in die Saison, war unter Vincent Kompany , dem neuen Trainer der Bayern, gesetzt. „Er wird für Deutschland sehr wichtig werden“, prognostizierte der Belgier, lobte ihn für seine Qualitäten. Bundestrainer Nagelsmann griff wieder auf ihn zurück, nominierte ihn im September und Oktober für die Länderspiele. Kaum war er nach den DFB-Auftritten im Oktober zurück bei den Bayern, brach er sich das Schlüsselbein. Anderthalb Monate Pause. Wieder einmal musste sich Pavlović zurückkämpfen, aber es gelang ihm. Ende des Jahres stand er wieder in der Startelf des FC Bayern, in der er sich auch im Januar und Februar 2025 wiederfand. Wenige Wochen vor dem Nations-League-Viertelfinale mit Deutschland gegen Italien fehlte Pavlović dann auf einmal beim FC Bayern. Die Diagnose diesmal: Pfeiffersches Drüsenfieber . Pavlović bekam Sportverbot, verpflichtende Bettruhe. Die DFB-Reise nach Italien war geplatzt. Den Saison-Endspurt mit dem FC Bayern machte er dann noch mit, beendete die Spielzeit aber mit nur 28 Einsätzen für den Rekordmeister. Weitaus weniger, als es hätten sein können. Im Deutschland-Trikot lief er bei insgesamt zehn Länderspielen nur viermal auf. Die Wende? Pavlović wollte neu angreifen, machte bei der Klub-WM alle fünf Spiele mit und setzte sich für die Saison 2025/26 neue Ziele. Doch wie sollte es anders kommen? Kurz vor dem Saisonstart zog sich Pavlović einen Bruch der Augenhöhle zu. Den Supercup gegen Stuttgart verpasste er, die ersten Bundesliga-Spiele bestritt er nur als Einwechselspieler. Aber: Seit nun anderthalb Monaten ist Pavlović beim FC Bayern zurück in der Startelf und bekommt den nötigen Spielrhythmus, der ihm nun auch wieder eine Nominierung für die Nationalmannschaft einbrachte. Denn im September hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann noch auf ihn verzichtet, im Oktober durfte der 21-Jährige aber nicht fehlen. Für ihn musste Pascal Groß (BVB) weichen. Nagelsmann vertraute Pavlović in beiden Länderspielen, stellte ihn im defensiven Mittelfeld auf die Position, die zuletzt Joshua Kimmich innehatte. Die Rolle des Ballverteilers, die Kimmich dort eingenommen hatte, die ging nun an Pavlović. Für seine Leistung gegen Luxemburg bekam der junge Sechser ein Sonderlob vom Bundestrainer. „Diese Aktivität, die er hat, die steckt an. Er will jeden Ball haben, ist sehr mutig. Das sieht man auch die letzten Wochen bei Bayern, dass der Spielrhythmus wichtig ist für ihn“, sagte Nagelsmann nach dem Spiel auf der Pressekonferenz. Auch für seine Leistung gegen Nordirland am Montag gab es lobende Worte vom Bundestrainer. Als „aktiv“ und „fleißig“, teilweise sogar „zu fleißig“, bezeichnete Nagelsmann seinen Schützling, der sich auch als Feingeist in jeden Zweikampf warf. Mit seinen beiden Auftritten wurde Pavlović zum wohl größten Gewinner dieser Länderspielpause. War das Mittelfeldzentrum zuletzt noch ein Ort der stetigen Rotation, bestand es diesmal aus einem konstanten Duo. Nagelsmann hofft, auch in der nahen Zukunft weiter auf Pavlović setzen zu können, äußerte sich aber noch zurückhaltend: „Wenn ich Pavlos Historie sehe, dann kann ich nicht immer damit kalkulieren, dass er fit ist.“ Daher müsse sich Nagelsmann in seiner Rolle als Bundestrainer auf „alle Eventualitäten“ vorbereiten. Pavlović selbst will das Image des Sorgenkinds definitiv hinter sich lassen. „Die Verletzungen und Rückschläge, die will ich nicht mehr hören, kann ich nicht mehr hören. Das ist jetzt alles nach hinten geschoben. Jetzt wird nach vorne geschaut“, betonte der 21-Jährige schon vor dem Spiel gegen Nordirland. Ob er diese Konstanz nun halten kann, wird sich zeigen. Ein fitter Pavlović kann den Unterschied ausmachen und die Schlüsselrolle im deutschen Fußball spielen, die ihm Vincent Kompany einst vorausgesagt hatte.