Nach einem erneut atemlosen Duell auf Weltklasse-Niveau sehen die Nerazzurri zunächst wie der Sieger aus. Dann schlägt Barcelona zurück. Doch das letzte Wort hat wieder Inter in der Verlängerung. Der erste Finalist der diesjährigen Champions-League-Saison steht fest. Inter Mailand besiegte am Dienstag den FC Barcelona in einem abermals herausragenden Spiel mit 4:3 nach Verlängerung und darf am 31. Mai das Endspiel in der Münchner Allianz Arena bestreiten. Nach dem 3:3-Hinspiel-Spektakel hatte jeder Fan ein erneutes Fußball-Fest im San Siro erwartet – und das wurde es auch. Mit dem klar besseren Start für die Hausherren, die das Team von Trainer Hansi Flick energisch unter Druck setzten, das Aufbauspiel der Katalanen früh störten und sich mit der Führung nach 21 Minuten belohnten. Bei einem dieser Pressingmomente luchste Federico Dimarco Barcelonas Dani Olmo 30 Meter vor dem gegnerischen Tor den Ball ab. Inters linker Mittelfeldmann schaltete schnell, spielte einen Steckpass auf den durchstartenden Denzel Dumfries, der plötzlich allein vor Barça-Torwart Wojciech Szczęsny auftauchte. Der Niederländer legte den Ball quer auf den mitgelaufenen Emiliano Martínez, der nur noch einschieben musste – 1:0. Nach Videobeweis: Çalhanoğlus Elfmeter zum 2:0 Kurz vor der Halbzeit wurde es vor 75.000 Zuschauern im ausverkauften Giuseppe-Meazza-Stadion aus Inter-Sicht noch besser: Nach einer riskanten Grätsche von Gäste-Verteidiger Pau Cubarsi gegen Martínez zeigte Schiedsrichter Szymon Marciniak (Polen) nach Ansicht der Video-Bilder auf den Elfmeterpunkt. Hakan Çalhanoğlu verwandelte zur verdienten 2:0-Pausenführung (45.+1). Die Halbzeit nutzte Flick für eine Ansprache, die ihre Wirkung nicht verfehlte. Denn: Nach dem Wechsel drehte Barça richtig auf und egalisierte die Führung der Italiener binnen sechs Minuten mit zwei Traumtoren. In der 54. Minute jagte Eric García eine Gerard-Martin-Flanke per Volley in den Winkel, ehe der frühere Leipziger Dani Olmo ebenfalls eine Hereingabe von Linksverteidiger Martin per Flugkopfball sehenswert zum 2:2 vollendete. Dieses hatte Sommer kurz zuvor noch mit einer Weltklasse-Parade gegen Garcia verhindert (57.), diesmal war er machtlos. Barcelona war nun drauf und dran, die Partie gänzlich zu drehen, Inter kam kaum noch zu Entlastungsangriffen. In der 68. Minute pfiff Marciniak Elfmeter für die Katalanen, nachdem der Ex-Dortmunder Henrikh Mkhitaryan Ausnahmetalent Lamine Yamal an der Strafraumgrenze gefoult hatte. Glück für die Hausherren: Der VAR griff ein und verlegte das Vergehen außerhalb des Sechzehnmeterraums. Der Freistoß brachte nichts ein. Inter-Abwehrchef Acerbi in Mittelstürmer-Manier Barças Dauerdruck war Inter nicht mehr gewachsen. Und so war es Raphinha, der die Gäste mit seinem Treffer in der 87. Minute abermals in Führung brachte. Erst scheiterte der Brasilianer mit einem strammen Linksschuss aus spitzem Winkel an Yann Sommer , beim Nachschuss mit rechts war der ehemalige Bayern-Schlussmann dann chancenlos. Wer dachte, das sei die Entscheidung in diesem verrückten Duell gewesen, sah sich getäuscht. Einmal bäumte sich das Team von Trainer Simone Inzaghi noch auf. Über die rechte Seite eroberte sich Dumfries weit in der Nachspielzeit den Ball, brachte die Kugel flach nach innen, wo der längst aufgerückte Abwehrchef Francesco Acerbi am kurzen Pfosten lauerte und die Kugel ins kurze Eck bugsierte (90.+3) – 3:3 und das Spiel bekam, was es verdiente: eine Verlängerung. In dieser ging es nahtlos weiter wie in den 90 Minuten zuvor: Inter legte dank Joker Davide Frattesi vor, der seine Farben per Schlenzer mit Links wieder in Front schoss (99.). Marcus Thuram und Mehdi Taremi hatten vorbereitet. Weil ein Kopfball des kurz zuvor eingewechselten Robert Lewandowski knapp über das Tor ging (107.) und der herausragende Sommer anschließend noch einmal glänzend einen Yamal-Schuss um den Pfosten lenkte (114.) war Frattesis Treffer der Schlusspunkt eines denkwürdigen Fußballabends, der nebenbei noch einen Königsklassen-Rekord aufstellte. Nie zuvor gab es nach Hin- und Rückspiel mehr Tore in einem Halbfinale. Inters Endspielgegner wird am Mittwoch zwischen Paris Saint-Germain und Arsenal ermittelt (21 Uhr im t-online-Liveticker ). Die Franzosen hatten das Hinspiel in London mit 1:0 gewonnen.