Im exklusiven Interview mit t-online blickt Ex-Bayern-Stürmer Giovane Élber auf das kommende Achtelfinalduell der Münchner gegen Flamengo. Er warnt eindringlich. Aus Miami berichtet Julian Buhl Die 0:1-Niederlage des FC Bayern gegen Benfica Lissabon im abschließenden Gruppenspiel der Klub-WM schmerzt im Lager der Münchner ausnahmslos jeden. Besonders weh tut sie aber Giovane Élber. Viel schlimmer hätte es für den ehemaligen Starstürmer des deutschen Rekordmeisters kaum kommen können. Warum? Weil seine Bayern damit noch den Gruppensieg verspielt haben und als Zweitplatzierte jetzt in einem deutlich schwierigeren Turnierzweig mit potenziellen Viertel- und Halbfinal-Duellen mit Paris Saint-Germain und Real Madrid gelandet sind? Nein! Für Élber ist es das am Sonntag (ab 22 Uhr im t-online-Liveticker) in Miami bevorstehende Achtelfinale der Bayern gegen Flamengo Rio de Janeiro, was dem Brasilianer Unbehagen bereitet. Schließlich treffen dabei seine beiden Herzensklubs direkt aufeinander. Und einer davon wird sich danach nun zwangsläufig aus dem Turnier verabschieden müssen. Darüber spricht Élber im Interview mit t-online sowie über und seine bisherigen Erfahrungen bei der Klub-WM. t-online: Herr Élber, der FC Bayern hat mit 0:1 gegen Benfica Lissabon verloren und damit nach der Vorrunde der Klub-WM Platz eins doch noch verpasst. Wie ärgerlich ist das für Sie? Giovane Élber: Sehr ärgerlich! Ich hätte mir wirklich gewünscht, dass der FC Bayern als Gruppenerster weiterkommt. Weil ich ein Fan von Flamengo bin – meinem Lieblingsverein hier in Brasilien – und ich gehofft hatte, dass Bayern als Erster gegen Chelsea spielt. Jetzt aber geht es schon im Achtelfinale gegen Flamengo. Und das wird richtig schwierig. Die brasilianischen Teams nehmen dieses Turnier extrem ernst. Wie meinen Sie das? Für die brasilianischen Vereine ist die Klub-WM ein Riesending. Hier redet man 24 Stunden am Tag darüber. Sie wollen zeigen, dass sie mit den europäischen Topteams mithalten können. Viele glauben, dass brasilianische Teams nicht mehr auf Augenhöhe sind – aber das stimmt nicht. Die Jungs sind hoch motiviert, top vorbereitet, und ich bin sehr gespannt auf Sonntag. In der Gruppenphase konnten die brasilianischen Teams überzeugen, alle vier haben es ins Achtelfinale geschafft. Botafogo hat auch den Champions-League-Sieger Paris Saint-Germain mit 1:0 besiegt. Ein Ausrufezeichen? Definitiv. Ein Vorteil für die brasilianischen Teams ist, dass sie mitten in der Saison stecken. In Europa ist die gerade vorbei, die Spieler hatten eine Pause, haben teilweise zwei Wochen nichts gemacht und sind vielleicht noch nicht wieder im Rhythmus. Dazu kommt das Klima. Was wir am Dienstag beim Bayern-Spiel in Charlotte gesehen haben, war grenzwertig. Bei so einer Hitze Fußball zu spielen, ist fast unmenschlich. Die Südamerikaner kommen damit besser zurecht. Wie gefährlich ist Flamengo denn jetzt konkret für den FC Bayern? Sehr gefährlich. Bayern sollte gewarnt sein. Flamengo spielt ein sehr strukturiertes System. Sie gehen nicht kopflos nach vorn, sondern bleiben kompakt. Man braucht Geduld, um Chancen zu bekommen. Im Mittelfeld und im Angriff haben sie Top-Spieler – zum Beispiel Gerson und vor allem Arrascaeta. Der Junge kann richtig kicken. Auf wen müssen die Bayern ansonsten noch besonders aufpassen? Bruno Henrique ist extrem schnell, sprungstark und clever. Und dann haben sie noch Pedro, die Nummer neun. Er ist robust, kann den Ball gut abschirmen und verteilen. Das sind für mich die Schlüsselspieler bei Flamengo. Flamengo hat in der Vorrunde unter anderem den FC Chelsea mit 3:1 besiegt und wurde Gruppenerster. Vincent Kompany und sein Bayern-Trainerstab wissen, was auf sie zukommt. Für Chelsea war es das erste Spiel – da waren sie vielleicht noch nicht angekommen im Turnier. Aber Flamengo war auch überragend gegen Chelsea, da hat aber auch fast alles bei ihnen geklappt. Im Gegensatz zum FC Bayern im Gruppenfinale gegen Benfica … Bayern hat in der zweiten Halbzeit auch gut gespielt und hatte viele Torchancen, vor allem Sané – der hatte drei, vier hundertprozentige. Wenn er die macht, sieht das Spiel ganz anders aus. Deshalb: Chancen nutzen, dann kommt Bayern auch weiter. Sie setzen also auf Bayern? Ja, Bayern ist für mich der klare Favorit. Flamengo ist stark, keine Frage, aber wir haben den besseren Kader – auch in der Breite. Das macht in so einem Turnier viel aus. Die Qualität auf der Bank kann entscheidend sein. Bayern hat jetzt einen schwierigen Weg vor sich: Im Viertelfinale könnte PSG warten, im Halbfinale vielleicht Real Madrid. Wie weit kann es Bayern schaffen? Wenn Bayern gegen Flamengo gewinnt, ist alles möglich. Manchester City hat mir in der Gruppenphase gut gefallen. Bei Real Madrid, Chelsea oder auch PSG kann man aber bislang nicht gerade sagen, dass sie super gespielt hätten. Wichtig ist für Bayern aber jetzt erst mal, das nächste Spiel gegen Flamengo zu gewinnen. Zu Beginn der Klub-WM waren Sie als Markenbotschafter mit dem FC Bayern in den USA unterwegs. Wie waren Ihre Eindrücke von dem Turnier vor Ort? Es war einmalig. Diese Mischung der Kulturen und vor allem die Fans der Südamerikaner zu erleben – das war wunderschön. Beim zweiten Bayern-Spiel (2:1; Anm. d. Red. ) in Miami waren über 1.000 Bayern-Anhänger und 40.000 Fans der Boca Juniors im Stadion. Und die haben selbst nach Niederlagen weitergefeiert. Diese Leidenschaft ist einfach großartig. Auch Fans aus Tunesien, Asien und Afrika waren da. Viele hier in Brasilien sagen: Die Fifa sollte dieses Turnier alle zwei Jahre machen und nicht nur alle vier. Für die Südamerikaner ist es einfach etwas Besonderes. Viele Spiele waren allerdings nicht ausverkauft, die Zuschauerränge teilweise nur halb oder sogar nur spärlich besetzt. Was sagen Sie zum Zuschauerinteresse in den USA? In Amerika ist es schwierig, Stadien mit 80.000 Plätzen zu füllen. Aber jetzt in der K.-o.-Phase wird es voller. Die Fans haben Lust bekommen, auch die Europäer reisen jetzt an. Ich denke, die letzten Spiele werden gut besucht sein. Ist das Duell der Bayern mit Flamengo für Sie persönlich das vorgezogene Finale? So hatte ich es mir gewünscht – Flamengo gegen Bayern im Endspiel, das wäre großartig und mein Traumfinale gewesen. Aber jetzt kommt es früher dazu. Wenn du ins Finale willst, musst du eben jeden schlagen. Ich hoffe, dass Bayern am Sonntag einen super Tag erwischt und gewinnt. Beim Duell Ihrer beiden Herzensklubs werden Sie es sich sicher nicht nehmen lassen, es vor Ort im Stadion mitzuerleben, oder? Das wird leider nicht möglich sein. Ich habe den FC Bayern zu Beginn der Gruppenphase begleitet und bin jetzt erst mal weiter nach Brasilien geflogen. Das war so geplant. Und prompt hat Bayern verloren (lacht) . Was das bedeutet, ist klar. Was denn? Ich muss wieder zurück in die USA, dann gewinnen wir! Beim Viertelfinale werde ich wieder dabei sein. Und wo genau verfolgen Sie jetzt das Achtelfinale? Auf Ihrer Rinderfarm? Ich bin momentan in Cuiabá, in der Nähe meiner Farm. Ich muss dort ein paar geschäftliche Angelegenheiten regeln, aber am Wochenende geht’s raus aufs Land. Am Sonntag wird dort gegrillt und Fußball geschaut. Ich werde da mit meinen Kumpels richtig feiern. Wir werden das Spiel auf jeden Fall genießen. Ich werde einfach beiden Mannschaften die Daumen drücken, und die bessere soll gewinnen.