Vor der schnellen Neuauflage des Tennis-Spektakels äußerte Carlos Alcaraz vorsichtig einen Wunsch. „Ich hoffe einfach, nicht wieder fünfeinhalb Stunden auf dem Platz zu sein“, sagte der Spanier vor dem Wiedersehen mit Jannik Sinner auf dem legendären Centre Court in Wimbledon mit einem Lachen.
Millionen an den TV-Bildschirmen weltweit, geballte Prominenz in der Royal Box – und wieder ein Schlagabtausch für die Ewigkeit? Fünf Wochen nach dem epischen French-Open-Finale über 5:29 Stunden und fünf Sätze sehen sich Sinner und Alcaraz im Kampf um die Krone beim Rasen-Klassiker wieder – und könnten sich erneut ein Duell die Geschichtsbücher liefern.
„Wenn ich muss, dann werde ich!“ sagte Alcaraz vor der mit Spannung erwarteten Partie am Sonntag (17.00 Uhr MESZ/Prime Video). Der Spanier peilt seinen Wimbledon-Hattrick an. Mindestens drei Titel in Folge im All England Club haben vor ihm nur zwei Frauen und vier Männer in der Open Era (seit 1968) gewonnen.
Der Weltranglistenerste Sinner steht erstmals im Wimbledon-Endspiel und sinnt auf Revanche – sieht sich aber selbst als Außenseiter. „Er ist der Favorit. Er hat hier zweimal nacheinander gewonnen. Er ist wieder im Finale. Es ist sehr schwer, ihn auf Rasen zu schlagen. Aber ich mag diese Herausforderungen“, sagte Sinner, nachdem er Grand-Slam-Rekordchampion Novak Djokovic im Halbfinale in drei Sätzen keinerlei Chance gelassen hatte.
Carlos Alcaraz rechnet mit noch stärkerem Jannik Sinner
Und auch der Serbe, siebenmaliger Turniersieger, sieht Alcaraz „mit knappem Vorsprung vorne“. Er denke, dass es wieder „ein enges Duell wird“, sagte Djokovic: „So wie in Paris.“ Dort hatte Alcaraz auf seinem Weg zum Triumph drei Matchbälle von Sinner abgewehrt und seinen fünften Grand-Slam-Titel gewonnen.
An einen psychologischen Vorteil durch das Roland-Garros-Finale, das längste der Geschichte, glaubt der Spanier selbst aber nicht. „Er wird körperlich besser sein, er wird mental besser sein. Er wird am Sonntag bereit sein, um 100 Prozent zu geben“, sagte Alcaraz.
Die Zahlen sprechen dabei für ihn. Der 22-Jährige hat keines seiner fünf Major-Finals verloren, die letzten fünf Duelle mit Sinner hat Alcaraz allesamt gewonnen. Er steht dazu bei 24 Siegen in Serie und ist beim Rasen-Klassiker seit 20 Spielen ungeschlagen.
Jannik Sinner mag keine Vergleiche mit den Big Three
Sinner, der im Achtelfinale gegen Grigor Dimitrow schon kurz vor dem Aus stand und bei 0:2-Satzrückstand von der verletzungsbedingten Aufgabe des Bulgaren profitierte, will diese Serien zu gerne durchbrechen. Damit würde er Neuland betreten: Alle seine drei Major-Titel hat der Südtiroler auf Hartplatz (Melbourne und New York) gewonnen.
Generell scheinen die beiden Ausnahmeathleten der Konkurrenz enteilt. Die letzten sechs Grand-Slam-Titel teilten sich Sinner und Alcaraz gerecht auf. Nun spielen sie den siebten in Folge unter sich aus.
Einen Vergleich ihrer Rivalität zur Ära der großen Drei des Männertennis – Djokovic, Rafael Nadal und Roger Federer – wies Sinner jedoch deutlich zurück. „Das ist erst das zweite Finale, das wir gegeneinander spielen“, sagte der Südtiroler: „Wenn wir das für die nächsten drei, vier Jahre schaffen, dann können die Leute darüber nachdenken.“
Alcaraz wählte darauf angesprochen einen anderen Ansatz. „Was wir im Moment tun“, sagte der Spanier, „ist großartig für das Tennis.“
Spielerinnen und Spieler mit mindestens drei Wimbledon-Titeln in Folge
Alcaraz kann wie erwähnt den dritten Sieg in Wimbledon in Folge perfekt machen und damit einem exklusiven Klub beitreten. Hier sind die Mitgliederinnen und Mitglieder, die mindestens einmal den Hattrick geschnürt haben. Betrachtet wird die Open Era (seit 1968), also der Zeitraum, seit professionelle Spielerinnen und Spieler zu den wichtigsten Turnieren zugelassen sind.
DAMENEINZEL
- Martina Navratilova: 6 Titel in Serie (1982 – 1987), insgesamt 9 Wimbledon-Siege.
- Steffi Graf: 3 Titel in Serie (1991 – 1993), insgesamt 7 Wimbledon-Siege.
- Interessant: Serena Williams (7 Titel) und Schwester Venus (5) brachten es nicht auf drei Titel in Serie.
HERRENEINZEL
- Björn Borg: 5 Titel in Serie (1976 – 1980)
- Pete Sampras: 3 Titel in Serie (1993 – 1995) und 4 Titel in Serie (1997 – 2000)
- Roger Federer: 5 Titel in Serie (2003 – 2007), insgesamt 8 Wimbledon-Siege.
- Novak Djokovic: 4 Titel in Serie (2018 – 2022, 2020 keine Austragung), insgesamt 7 Wimbledon-Siege.
- Interessant: Legenden wie Rod Laver, John Newcombe, John McEnroe oder Boris Becker schafften jeweils zwei Siege in Folge, aber keinen dritten.