DFB-Team in WM-Quali: Beier war bei Nagelsmann nicht erste Wahl

Zwei Einwechselspieler retten Deutschland den Sieg gegen Nordirland. Der Bundestrainer hat bei dem einen Glück im Unglück, bei dem anderen einfach das richtige Gespür. Aus Köln berichtet William Laing Ein Stück weit Rehabilitation: So könnte man den 3:1-Sieg der deutschen Nationalmannschaft über Nordirland am Sonntagabend in Köln wohl am besten beschreiben. Rehabilitation, weil die DFB-Elf nach dem gruseligen 0:2 gegen die Slowakei am Donnerstag zumindest etwas Ruhe in der bereits besorgten Republik hinsichtlich der Qualifikation für die Weltmeisterschaft im kommenden Jahr geschaffen hat. Ein Stück weit aber nur, weil die Qualität des Auftritts gegen Nordirland dann doch noch über weite Strecken der Partie zu wünschen übrig ließ. Deutschland ging zwar früh durch Serge Gnabry in Führung. Nach dem Treffer des Bayern-Profis verfiel das DFB-Team aber in einen Verwaltungsmodus und fing sich nach etwas mehr als einer halben Stunde den Ausgleich. In die Halbzeitpause wurde die Elf von Julian Nagelsmann deshalb mit einem Pfeifkonzert der eigenen Fans begleitet. Nick Woltemade: DFB-Star gegen Nordirland bei Auswechslung ausgepfiffen „Wie die Hyänen im Busch“: Nagelsmann reagiert auf Pfeifkonzert Auch zu Beginn des zweiten Durchgangs brauchte Deutschland eine Weile, um wirklich ins Spiel zu finden, tat sich offensiv äußerst schwer. Der Knackpunkt der Partie: die Einwechslungen von Nadiem Amiri und Maximilian Beier , die im Verbund den entscheidenden Treffer zum 2:1 herbeiführten. Dass der Dortmund-Profi dabei überhaupt als Option für den Bundestrainer bereitstand, war auch ein wenig dem Zufall geschuldet. Denn erste Wahl war Beier bei Weitem nicht. Beier macht den entscheidenden Laufweg Beim ersten Spiel in der Slowakei war Beier nämlich noch nicht nominiert gewesen. Erst durch den verletzungsbedingten Ausfall von Niclas Füllkrug , der kurz vor Anpfiff in Bratislava über muskuläre Probleme klagte, rückte der 22-Jährige ins Aufgebot für die Partie gegen Nordirland – und auch das nur, weil andere Angreifer nicht zur Verfügung standen, wie der Bundestrainer nach dem Sieg unumwunden zugab. Nagelsmann erklärte auf der obligatorischen Pressekonferenz, dass er wahrscheinlich eher einen klassischen Stoßstürmer nachnominiert hätte, wenn denn einer fit gewesen wäre. „Wir haben aber keinen“, benannte der 38-Jährige die Problematik für seine eigene Kaderzusammenstellung. Denn neben Niclas Füllkrug fehlte weiterhin verletzt auch die Alternative Tim Kleindienst (Meniskus). Der Bundestrainer betonte zudem, dass auch Offensiv-Star Kai Havertz kein klassischer Stoßstürmer sei – was aber aktuell ohnehin nicht von Bedeutung ist, denn der Angreifer des FC Arsenal fiel zuletzt ebenfalls aufgrund einer Verletzung am Knie aus und verpasste dementsprechend auch die beiden Auftaktpartien in der WM-Qualifikation. So hieß die nächstbeste Option für Nagelsmann eben Maximilian Beier, ein Angreifer, der eher durch Tiefenläufe und Tempo besticht und weniger als klassischer Zielspieler für Flankenbälle im Sturmzentrum. Doch genau diese Qualitäten des ehemaligen Hoffenheimers waren es, die gegen Nordirland einen entscheidenden Effekt in der Entstehung des zweiten Treffers und damit auch des Sieges hatten. Denn: Die Flanke von David Raum konnte Amiri nur ins leere Tor befördern, weil Beier zuvor einen Sprint in die Tiefe hingelegt hatte. Dadurch irritierte er Nordirlands Torwart Bailey Peacock-Farrell, der deshalb nicht richtig zum Ball ging und diesen ungewollt für Amiri durchließ. Nagelsmann wollte also ursprünglich gar nicht auf Beier setzten. Dann holte er ihn aus Alternativlosigkeit ins Team, nur um ihn aufgrund des versteiften Angriffsspiels seiner Elf tatsächlich auch bringen zu müssen – letztlich mit Erfolg. Der Bundestrainer wurde also förmlich zu seinem eigenen Glück gezwungen. „Immer auf dem Gaspedal“: Amiri glänzt sofort Insgesamt bewies Nagelsmann aber auch einfach das richtige Gespür bei der Wahl seiner Einwechselspieler. Denn gerade die Entscheidung, Amiri für Gnabry zu bringen, brachte eine neue Energie ins Spiel, die dem DFB-Team zuletzt so sehr gefehlt hatte. „Nadiem ist immer auf dem Gaspedal, war er schon immer“, sagte der Bundestrainer im Anschluss über den Spieler, den er bereits in der Jugend sowie in der Bundesliga in Hoffenheim trainiert hatte. Kurz darauf schob Nagelsmann nach: „Er kam rein und hatte einfach Bock.“ Was der Coach damit meinte: Bereits zwei Minuten nach Amiris Einwechslung hatte dieser zwei Gelbe Karten für die Nordiren provoziert. Kurz darauf gelang ihm dann sein wichtiges Tor. Doch auch am 3:1 hatte der 28-Jährige einen entscheidenden Anteil. Wenige Meter vor dem Strafraum der Gäste holte er einen Freistoß für Deutschland raus. Florian Wirtz veredelte die indirekte Vorlage Amiris mit einem traumhaften Schlenzer ins nordirische Tor. „Am Ende war das Einzige, was zählt, der Sieg, und den haben wir eingefahren“, blickte Amiri nach Schlusspfiff in den Katakomben der Arena pragmatisch auf das Spiel zurück. Recht dürfte er damit haben, denn ein weiterer Punktverlust hätte die Krisenstimmung rund um die Nationalmannschaft wohl aufs Schlimmste verschärft. Der Super-GAU ist aber erst mal nicht eingetreten, die Qualifikation für die Weltmeisterschaft wieder greifbarer – und das vor allem dank Nadiem Amiri und Maximilian Beier. Teilen Sie Ihre Meinung mit Ist die deutsche Nationalmannschaft WM-tauglich? Schreiben Sie eine E-Mail an Lesermeinung@stroeer.de . Bitte nutzen Sie den Betreff „DFB-Elf“ und begründen Sie.