Formel 1: Christian Horner bei Ferrari? Das wäre ein schwerer Fehler

Ferrari soll Interesse an einem Engagement von Ex-Red-Bull-Teamchef Christian Horner haben. Doch das würde den Rennstall nicht zurück auf Titelkurs bringen – aus mehreren Gründen. Lewis Hamilton gab sich wenig Mühe, seine schlechte Laune zu verbergen: „Ich weiß nicht, woher diese Gerüchte stammen, daher kann ich dazu nicht viel sagen. Als Team lenkt uns das etwas ab.“ Seit Wochen machen Gerüchte die Runde, sein Ferrari-Rennstall könne Teamchef Frederic Vasseur durch Christian Horner ersetzen. Der 51-jährige Brite, der erst im Juli nach 20 Jahren bei Red Bull entlassen worden war, soll sich Berichten zufolge aktiv auf Jobsuche befinden – und in Ferrari einen Interessenten gefunden haben. Der stolze italienische Rennstall fährt seit Jahren seinen hohen Erwartungen hinterher und sieht in Horner, der Red Bull zu acht Fahrerweltmeisterschaften und sechs Konstrukteurstiteln führte, wohl einen möglichen Heilsbringer. Horners zahlreiche Erfolge sprechen zwar für ihn. Eine Verpflichtung als Ferrari-Teamchef wäre dennoch ein schwerer Fehler. Viele Teamchefs, keine Veränderung Ganz grundsätzlich ist nämlich infrage zu stellen, ob ein erneuter Wechsel des Teamchefs das richtige Mittel ist, um Ferrari wieder auf Titelkurs zu bringen. Frederic Vasseur ist seit dem Abschied von Jean Todt, der die erfolgreiche Zeit unter Michael Schumacher verantwortete und mit Kimi Räikkönen im Jahr 2007 den bislang letzten Fahrertitel für Ferrari errang, bereits der fünfte Teamchef der Scuderia. Einen WM-Titel holte keiner von ihnen. Der Schlüssel für mehr Erfolg liegt vielmehr woanders. Dafür spricht auch die Historie: Seine größten Siege feierte das Team nämlich immer dann, wenn es einen absoluten Spitzenfahrer verpflichtete, der es durch sein technisches Wissen und sein Charisma vermochte, das Team als Ganzes neu zu inspirieren. So beendeten etwa Niki Lauda in den Siebzigerjahren und Michael Schumacher Anfang der Zweitausender lange Titeldurststrecken, indem sie das Team kräftig umkrempelten. Mit Rekordweltmeister Lewis Hamilton holte Ferrari zur laufenden Saison einen Fahrer von ähnlichem Format. Doch er braucht Zeit und vor allem ein ruhiges Umfeld, um einen Kulturwandel anschieben zu können. Genau deshalb wäre ein Engagement Horners kontraproduktiv. Klar, auf dem Papier wäre dem bislang so erfolgreichen Teamchef zuzutrauen, Ferrari vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen. Doch die Kombination mit Hamilton bietet einfach zu viel Sprengstoff. Hamilton und Horner waren erbitterte Rivalen Noch 2021 standen sich Hamilton, damals noch in Diensten von Mercedes, und Horner als Teamchef von Red Bull in einem der erbittertsten WM-Kämpfe der Formel-1-Geschichte inklusive zahlreicher öffentlicher Sticheleien gegenüber. In der letzten Runde des letzten Rennens setzte sich Red-Bull-Pilot Verstappen auch dank einer kontroversen Entscheidung der Rennleitung durch. Hamiltons Jagd nach dem achten Titel und damit dem alleinigen Rekord war auch an Horner gescheitert. Ein Stachel, der bei ihm nach wie vor tief sitzen dürfte. Hinzu kommt der Eklat um ein womöglich übergriffiges Verhalten Horners gegenüber einer seiner Mitarbeiterinnen im vergangenen Jahr. Hamilton zählte damals zu den wenigen Fahrern, die sich ausführlicher zu den Geschehnissen äußerten. Während andere Fahrer lediglich betonten, der Fall betreffe sie nicht, forderte Hamilton öffentlich eine gründliche Untersuchung der Vorfälle – und trieb Horner damit weiter in die Ecke. Es war der Anfang vom Ende des Teamchefs bei Red Bull. Friedliche Zusammenarbeit? Ausgeschlossen Angesichts dessen scheint es undenkbar, dass Horner und Hamilton jetzt plötzlich friedlich bei Ferrari zusammenarbeiten. Im Gegensatz dazu ist das Verhältnis zwischen Hamilton und seinem bisherigen Chef Vasseur von Harmonie geprägt. Die beiden kennen sich bereits aus ihrer Zeit in den Nachwuchsklassen und damit seit fast 20 Jahren. Nicht umsonst betonte Hamilton angesichts der Gerüchte: „Fred, das gesamte Team und ich arbeiten sehr hart an der Zukunft.“ Die unterstützenden Untertöne waren kaum zu überhören. Ferrari muss sich also entscheiden: Horner oder Hamilton. Beides geht nicht. Will man Horner unbedingt verpflichten, müsste Ferrari Hamilton gleich mit loswerden. Es wäre ein Beben historischen Ausmaßes in der Formel 1 – und brächte entsprechend viel Unruhe mit sich. Zusätzlich müssten die Italiener darauf vertrauen, dass der neue Teamchef den zweiten talentierten Fahrer des Rennstalls, Charles Leclerc , zum Weltmeister formen kann. Ein Risiko, das Ferrari nicht eingehen sollte.