Effenberg lobt Bayerns Karl: „Davon haben wir in Deutschland nicht viele“

Teenager Lennart Karl startet beim FC Bayern durch. t-online-Kolumnist Stefan Effenberg verrät, was den 17-Jährigen so stark macht – und wer der bekannte Name hinter Karls Aufstieg ist. 4:0 gegen den FC Brügge , der zwölfte Sieg im zwölften Pflichtspiel der Saison für den FC Bayern – ich muss es so sagen: Das war nach dem bisherigen Verlauf dieser Spielzeit erwartbar. Das war ein sehr guter, zeitweise auch beeindruckender Auftritt am Mittwochabend. In der Champions-League-Tabelle haben sie sich jetzt oben festgesetzt – das war in der vergangenen Saison noch anders, damals liefen sie über längere Zeit nur hinterher. Auch deshalb wird dieser Sieg jetzt für noch mehr Ruhe und Sicherheit sorgen. Und dieses Spiel gegen eine Mannschaft wie Brügge, die die nächste Runde eher nicht erreichen wird, war für Bayern-Trainer Vincent Kompany auch noch die perfekte Gelegenheit, Talenten mal eine Chance zu geben. Wozu das führen kann, haben wir nun gesehen. Jetzt sprechen nämlich alle über Lennart Karl – und das zu Recht. Er hat nun auch auf höchster europäischer Bühne bewiesen, was ihn auszeichnet: Er spielt frech, er spielt unbekümmert, er hat keine Angst. Schon nach fünf Minuten traf er zum 1:0, wurde später auch noch zum „Man of the Match ausgezeichnet“ – und das mit erst 17 Jahren. Das war wirklich sehr, sehr stark. Er hat Spaß gemacht – und wird uns allen in den kommenden Jahren noch viel Spaß machen. Karl ist keiner, der sich einer Euphorie hingibt Dabei darf aber ein wichtiger Fakt nicht vergessen werden. Warum hat das gegen Brügge schließlich so funktioniert? Weil sich Karl auf zwei Dinge verlassen konnte: Das Vertrauen des Trainers – und das Vertrauen seiner Mitspieler. Ohne geht es nicht. Sowohl Kompany als auch die Bayern-Stars werden gewusst haben: Er ist bereit für die Champions League – und zwar nicht nur für einen Kurzeinsatz, sondern für ein Spiel von Anfang an. Sie alle wussten: Er kann das – und das haben sie ihn spüren lassen. Karl hat dieses Vertrauen jetzt zurückgezahlt und den Beweis erbracht, dass er zu sehr viel imstande ist. Ich fand es auch sehr angenehm, wie klar und wie reflektiert Karl nach dem Spiel in Interviews über seine Leistung gesprochen hat. Das ist keiner, der sich einer Euphorie hingibt. Und ich weiß auch genau, wer dafür verantwortlich ist, dass dieser Teenager so bodenständig wirkt – und auch bleiben wird: Sein Berater Michael Ballack . Dass Karl vom früheren DFB-Kapitän betreut wird, hat enorm viel Wert für ihn – es ist sogar sein großer Trumpf. Denn Ballack wird ihm nicht nur taktisch und spielerisch helfen, sondern auch im Umgang mit den Medien, im Auftreten in der Öffentlichkeit. Eine bessere Kombination kann sich ein so junger Spieler nicht wünschen. Wenn seine Entwicklung so weitergeht, bin ich überzeugt: Karl kann nicht nur ein Kandidat für Bundestrainer Julian Nagelsmann für die WM 2026 sein – er muss ein Kandidat sein. Nagelsmann wird schließlich genau hinschauen – und sehen, was da gerade für ein Spieler ins Rampenlicht rückt. Karl ist potenziell ein Unterschiedsspieler, einer, der eine Partie auch mit wenig Einsatzzeit maßgeblich beeinflussen kann – und davon haben wir in Deutschland aktuell nicht sehr viele. Ist Ihnen das bei den Bayern auch aufgefallen? Natürlich betont der Bundestrainer wiederholt, nur solche Spieler in die Nationalmannschaft zu berufen, die in ihren Vereinen auch Stammspieler sind, und das ist im Prinzip auch völlig richtig. Trotzdem sollte Nagelsmann diesen Vorsatz bei jungen Perspektivspielern wie Karl überdenken – gerade mit Blick auf die Zukunft. Denn das sind die Spieler, auf die er künftig bauen wird, und die kann er jetzt schon heranführen an die ganz großen Aufgaben im DFB-Trikot. Dass Lennart Karl das kann, ergibt sich aus seiner sportlichen Situation: Er spielt beim FC Bayern, trainiert dort täglich mit Weltklassespielern, sammelt dazu weitere Erfahrungen in der Champions League. Und der Münchner Trainer Kompany wird ihn weiter heranführen mit dem richtigen Tempo – und ihn damit auch vorbereiten auf die Nationalmannschaft. Karl ist übrigens nur ein weiterer Nachweis für die herausragende Arbeit, die Vincent Kompany bisher als Trainer beim FC Bayern leistet. Die vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2029 ist daher eine absolut nachvollziehbare und vor allem richtige Entscheidung der Münchner. Erstens hat er sich das völlig verdient durch das, was er mit seiner Mannschaft bisher erreicht hat. Insofern ist dieser Verlängerung jetzt auch eine Auszeichnung durch die Klubführung. Zweitens aber senden die Bayern damit auch ein Signal: Jetzt können auch noch andere Vertragsverlängerungen folgen. In der Mannschaft gibt es schließlich einige wohl bekannte Baustellen: Der Vertrag von Dayot Upamecano läuft im kommenden Sommer aus, ebenso der von Serge Gnabry , noch ist unklar, ob sie darüber hinaus bei den Bayern bleiben. Aber ist es Ihnen auch aufgefallen? Beide – und sehr viele andere Bayern-Spieler auch – sprechen sehr, sehr positiv über den Belgier. „Er hilft mir sehr, wir machen viele Videositzungen, er spricht mit mir über meine Positionierung“ erklärte Upamecano erst kürzlich in einem Interview, auch Gnabry betonte, er hätte „extrem viel Spaß“. Das ist doch kein Zufall. Das hat den Bayern unter den letzten Trainern gefehlt Sowohl die Bayern als auch Kompany selbst wollen mit dieser Vertragsverlängerung also sagen: Wir haben vorgelegt, jetzt seid ihr dran. Insofern ist das taktisch ein Meisterwerk, das uns da gerade in München präsentiert wird. Max Eberl sagte im Mai 2024, als die Bayern gerade noch auf Trainersuche waren: „Das Beste kommt zum Schluss“ – dieser Satz bekommt nun nochmal eine ganz andere Bedeutung. Und auch eine ganz andere Dimension. Denn die Bayern sind gerade dabei eine neue Ära einzuläuten – und auch auf der Trainerposition endlich wieder Kontinuität herzustellen. Kompany ist der neunte Trainer in den letzten zehn Jahren, unter vielen seiner Vorgänger war es enorm turbulent und unruhig, ob es Thomas Tuchel war, Julian Nagelsmann oder auch Niko Kovač – und das darf bei Bayern München nicht sein. Unter Kompany erkennen sie aber eine Entwicklung, die unter den letzten Trainern gefehlt hat. In den kommenden Wochen warten nun einige Prüfungen: Erst der 1. FC Köln im DFB-Pokal, dann warten Paris St. Germain und der FC Arsenal in der Champions League. Jetzt kommen die wirklich großen Herausforderungen. Ich sage übrigens: Besonders auf die Partie gegen Köln sollten die Bayern nun den Fokus legen. Fünf Jahre ist es her, dass der DFB-Pokal nach München ging, seitdem gab es immer wieder Enttäuschungen, sie schafften es nicht mal in die Nähe des Endspiels in Berlin – das kann nicht der Anspruch sein. Der DFB-Pokal hat in diesem Jahr eine enorme Bedeutung für die Bayern, die unbedingt mal wieder das Double holen wollen. Auch Borussia Dortmund überzeugt mich indes weiter. Der BVB schafft es, mich mit seiner Stabilität zu beeindrucken. Schon das Bundesliga-Topspiel beim FC Bayern war trotz des 1:2 nicht schlecht, die Dortmunder sind am Ende nochmal herangekommen, die Partie hätte auch anders ausgehen können. Da sind sie absolut ans Limit gegangen – und mussten nur wenige Tage später in Europa beim FC Kopenhagen bestehen. Und haben das mit einem 3:1-Sieg souverän geschafft. Es passt aktuell beim BVB Ich muss sowohl Trainer Niko Kovač als auch seiner Mannschaft ein großes Kompliment machen – denn sie versteht es jetzt, solche unangenehmen Spiele wie in Kopenhagen unspektakulär zu gewinnen und sofort wieder nach vorne auf die nächste Herausforderung zu schauen. Natürlich sind es in der Bundesliga nun schon sieben Punkte Rückstand auf die Bayern, trotzdem aber verfestigt sich der Eindruck: Es passt aktuell beim BVB, das ist eine Mannschaft, die auch mit schwierigen Situationen umgehen kann und dem Druck standhält. Das können Bayer Leverkusen und Eintracht Frankfurt aktuell nicht von sich behaupten. Das war schon eine große Enttäuschung, wie sich beide Mannschaften unter der Woche in der „Königsklasse“ präsentiert haben. 2:7 wurde Bayer von PSG im eigenen Stadion vorgeführt – nach einer wirklich grenzwertigen Leistung. Leverkusens Trainer Kasper Hjulmand hat es nach dem Spiel richtig gesagt: Dafür müssen sie sich entschuldigen. Das darf ihnen auf keinen Fall ein zweites Mal passieren. Das ist Leverkusen aktuell nicht zuzutrauen Die „Werkself“ hat dabei aber auch gezeigt: Anspruch und Wirklichkeit passen dort aktuell einfach nicht zusammen. Eine Ursache für diese teilweise zähen, teilweise auch schwachen Auftritte der Leverkusener ist im doch stark veränderten Kader zu finden. Bayer stand im letzten Sommer noch im Finale der Europa League – hat gerade in diesem Jahr aber viele Führungsspieler und damit auch enorm Qualität verloren. Den Verlust von Leistungsträgern wie Granit Xhaka, Florian Wirtz oder Jonathan Tah konnten sie nicht annähernd kompensieren, und das wird ihnen jetzt zum Verhängnis. In der Meistersaison 2023/24 schaffte Leverkusen immer wieder atemberaubende Comebacks in letzter Sekunde, gleich mehrfach konnten sie so noch Spiele zu ihren Gunsten drehen – das ist der Mannschaft aktuell überhaupt nicht zuzutrauen. Auch Frankfurt befindet sich aktuell in einer Abwärtsspirale. 23 Gegentore haben sie wettbewerbsübergreifend in den letzten sechs Spielen kassiert. Defensiv war das gar nichts, auch ein FC Liverpool mit seinen Weltstars darf nicht dermaßen einfach seine Tore erzielen können, wie das am Mittwochabend der Fall war. Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche hat es doch richtig gesagt: Es gibt bestimmte Qualitäten, die eine Mannschaft in jedem Spiel an den Tag legen muss. Das sind Kampfbereitschaft und Laufbereitschaft – und genau daran fehlt es der Elf von Trainer Dino Toppmöller seit Wochen schon vor allem in der Verteidigung im Verbund. In dieser Verfassung braucht es noch nicht einmal einen Weltklub wie Liverpool, um erneut ein Debakel zu erleben – da setzt es auch in der Bundesliga die nächste Packung. Und das müssen sie unbedingt in den Griff bekommen. Denn das ist gerade wirklich sehr kritisch – und in den nächsten Wochen warten schon die nächsten Prüfungen, besonders in der Champions League. Dort trifft die Eintracht noch auf die SSC Neapel, auf Atalanta Bergamo und schließlich den FC Barcelona. Das kann bis Weihnachten noch richtig steil abwärts gehen.